Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplan - Wirksamkeit einer Stichtagsregelung
Leitsatz (redaktionell)
Es ist sachlich gerechtfertigt und verstößt nicht gegen § 75 BetrVG, wenn ein Sozialplan Arbeitnehmer von seinem Geltungsbereich ausnimmt, die vor dem Scheitern des Interessenausgleichs ihr Arbeitsverhältnis im Hinblick auf eine vom Arbeitgeber angekündigte Betriebsstillegung selbst gekündigt haben.
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 02.06.1993; Aktenzeichen 6 Sa 284/93) |
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 04.11.1992; Aktenzeichen 3 Ca 1114/92) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan.
Der Kläger war im Werk der Beklagten in L seit September 1985 als Modelleinrichter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der feinkeramischen Industrie der Bundesrepublik Deutschland vom 7. März 1989 (MTV) Anwendung.
Am 10. Februar 1992 fand im Betrieb der Beklagten in L eine Betriebsversammlung statt. Thema der Betriebsversammlung war die wirtschaftliche Lage und Entwicklung im Werk L . Das Vorstandsmitglied R., das extra vom Hauptsitz der Beklagten aus S angereist war, teilte den anwesenden Beschäftigten mit, daß das Werk L aus wirtschaftlichen Gründen zum Ende des Jahres 1993 geschlossen werden solle. Im Anschluß an die Betriebsversammlung fand eine Protestdemonstration gegen die beabsichtigte Schließung des Werkes statt.
Unter der Überschrift "Soziales Netz für die Belegschaft des Werkes L " hieß es in einer Pressemitteilung der Beklagten:
"Die R AG, S , hat in einer Betriebs-
versammlung am Montag in L der Beleg-
schaft mitgeteilt, daß Pläne bestehen, das Werk
aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen bis Ende
1993 zu schließen. Es wird eine Kommission aus
Vertretern des Unternehmens und der Arbeitnehmer
gebildet, die einen Interessenausgleich erarbei-
ten soll. Der Maßnahmen-Katalog, den dieses Gre-
mium aufstellen soll hat zum Ziel, soziale Härten
soweit wie möglich zu vermeiden.
Vorbehaltlich der Arbeit der Kommission, werden
Überlegungen angestellt, den Arbeitnehmern u.a.
anzubieten, sich in andere Werke des Unternehmens
versetzen zu lassen. Auszubildende, die in L -
ihre Lehre bis 1993 abschließen können,
sollen das Angebot erhalten, in anderen Werken
die Ausbildung fortführen und beenden zu können.
Es ist geplant, in solchen Fällen Beihilfen,
Zuschüsse und Heimfahrten zu zahlen. Ein Härte-
fonds soll gebildet werden. Als ein wichtiges In-
strument sind Qualifizierungsmaßnahmen geplant,
die den Arbeitnehmern angeboten werden sollen, um
ihnen den Einstieg bei anderen Unternehmen zu er-
leichtern.
Neben den Maßnahmen, die die Kommission erarbei-
ten soll, bemüht sich die R AG, das Werk
L einer anderen Verwendung außerhalb des
Unternehmens zuzuführen, um einen Teil der Ar-
beitsplätze zu erhalten. Es ist außerdem geplant,
alle politisch relevanten Gruppen einzubeziehen
mit dem Ziel, für die Arbeitnehmer und die Region
einen gleitenden Übergang zu erreichen."
Einige Tage nach der Betriebsversammlung äußerte der technische Betriebsleiter U. gegenüber mehreren Arbeitnehmern, sie sollten sich eine andere Arbeit suchen.
Wegen der auf der Betriebsversammlung angekündigten Betriebsschließung kündigte der Kläger am 10. März 1992 sein Arbeitsverhältnis zum 31. März 1992 und nahm eine Beschäftigung bei einem neuen Arbeitgeber auf.
Mit Schreiben vom 13. März 1992 teilte die Beklagte dem Betriebsrat des Werkes L mit, daß sie an der Schließung des Werkes festhalte. Dem Schreiben war ein vom 27. Januar 1992 datierender Produktionsverlagerungsplan beigefügt, nach dem mit der Verlagerung der Produktion in andere Werke im April 1992 begonnen werden sollte.
In der Folgezeit verhandelten die Beklagte und der Betriebsrat des Werkes L vergeblich über den Abschluß eines Interessenausgleichs und eines Sozialplanes. Am 4. Mai 1992 trat eine Einigungsstelle zusammen. Eine Einigung über einen Interessenausgleich kam nicht zustande. Die Vorschläge des Betriebsrates, die Schließung des Werkes L zeitlich hinauszuzögern, wurden von der Arbeitgeberseite abgelehnt. Durch Beschluß der Einigungsstelle wurde am 26. Mai 1992 ein Sozialplan verabschiedet.
Der Sozialplan, der am 4. Juni 1992 im Betrieb der Beklagten in L ausgehängt wurde, enthält, soweit hier von Interesse, folgende Regelung:
"1. Geltungsbereich
1.1 Dieser Sozialplan gilt für alle Arbeitneh-
mer im Sinne des § 5 Absatz (1) und (2)
BetrVG, die am 04. Mai 1992 im Werk L -
der R AG in einem ungekündig-
ten Arbeitsverhältnis standen, deren Ar-
beitsverhältnis durch betriebsbedingte Kün-
digung seitens der R AG, durch Ei-
genkündigung oder im gegenseitigen Einver-
nehmen endet."
Bis zum 4. Mai 1992 waren wegen der beabsichtigten Betriebsschließung des Werkes L keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen worden. Die Produktion wurde Ende des Jahres 1992 eingestellt, das Werk am 31. März 1993 geschlossen.
Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Abfindung in Höhe von 5887,-- DM, die ihm nach dem Sozialplan zustehen würde, wenn zwischen den Parteien am 4. Mai 1992 noch ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestanden hätte.
Er sei von der Beklagten zur Kündigung veranlaßt worden. Schon am 10. Februar 1992 sei die Entscheidung, das Werk zu schließen, gefallen. Die Wahl des Stichtages "4. Mai 1992" sei daher willkürlich und sachlich nicht gerechtfertigt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.887,-- DM
netto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu
zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht der Klage in Höhe von 2.943,50 DM nebst Zinsen stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt.
Entscheidungsgründe
Nur die Revision der Beklagten ist begründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die Stichtagsregelung verstoße gegen § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und sei daher unwirksam.
Der Anspruch des Klägers sei aber nur zur Hälfte begründet. Der Kläger könne nicht die gleiche Abfindung bekommen wie seine Kollegen, die von langer Arbeitslosigkeit bedroht seien. Es entspreche daher dem Gebot von Recht und Billigkeit, dem Kläger nur die Hälfte der Abfindung zuzusprechen.
II. Dieser Ansicht kann der Senat nicht folgen. Der Kläger kann von der Beklagten keine Abfindung beanspruchen.
1. Dem Kläger steht nach dem Wortlaut des Sozialplans kein Anspruch auf eine Abfindung zu.
Nach Ziff. 1.1 des Sozialplans gilt der Sozialplan nur für Arbeitnehmer, die am 4. Mai 1992 im Werk L in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen und deren Arbeitsverhältnis danach durch betriebsbedingte Kündigung, durch Eigenkündigung oder im gegenseitigen Einvernehmen endete. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Kläger nicht unter den Geltungsbereich des Sozialplans fällt, da er durch seine Eigenkündigung vor dem Stichtag bei der Beklagten ausgeschieden ist.
2. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die Wahl des Stichtages "4. Mai 1992" und damit der Ausschluß der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor diesem Stichtag geendet hat, von den Leistungen des Sozialplanes wirksam. Die Regelung verstößt nicht gegen § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Nach dieser Bestimmung haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, daß alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Diese Grundsätze haben die Betriebspartner auch zu beachten, wenn sie gemeinsam allgemeine betriebliche Regelungen in Gestalt von Betriebsvereinbarungen treffen. Dabei ist der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz der wichtigste Unterfall der Behandlung von Recht und Billigkeit (BAG Urteil vom 15. Januar 1991, BAGE 67, 29 = AP Nr. 57 zu § 112 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 24. November 1993 - 10 AZR 311/93 - AP Nr. 72 zu § 112 BetrVG 1972). Der aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu entnehmende Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Eine Differenzierung ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt (BAG Urteil vom 28. Oktober 1992 - 10 AZR 129/92 - AP Nr. 66 zu § 112 BetrVG 1972, m.w.N.).
Die in § 75 BetrVG genannten Grundsätze sind auch von der Einigungsstelle zu beachten (BAG Urteil vom 11. März 1976 - 3 AZR 334/75 - AP Nr. 11 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unverfallbarkeit; BAG Urteil vom 29. November 1978 - 5 AZR 553/77 - AP Nr. 7 zu § 112 BetrVG 1972). Sie finden auch auf Sozialpläne Anwendung. Sozialpläne sind, obwohl ihnen nach dem Wortlaut von § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nur "die Wirkung einer Betriebsvereinbarung zukommt", Betriebsvereinbarungen im Sinne des BetrVG (BAG Urteil vom 27. August 1975 - 4 AZR 454/74 - AP Nr. 2 zu § 112 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 28. April 1993 - 10 AZR 222/92 - AP Nr. 67 zu § 112 BetrVG 1972).
3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Betriebspartner und im Grundsatz auch die Einigungsstelle bei der Aufstellung eines Sozialplans frei in ihrer Entscheidung, welche Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer sie in welchem Umfange ausgleichen oder mildern wollen (BAG Beschluß vom 28. September 1988, BAGE 59, 359 = AP Nr. 47 zu § 112 BetrVG 1972, m.w.N.). Sie können bei ihrer Regelung von einem Nachteilsausgleich auch gänzlich absehen (BAG Urteil vom 25. Oktober 1983 - 1 AZR 260/82 - AP Nr. 18 zu § 112 BetrVG 1972) und bei ihrer Regelung nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden (BAG Urteil vom 8. Dezember 1976 - 5 AZR 613/75 - AP Nr. 3 zu § 112 BetrVG 1972). Es muß aber der Normzweck des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG beachtet werden, wonach der Sozialplan dazu dient, wirtschaftliche Nachteile auszugleichen oder zu mildern, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Mit einem begrenzten Sozialplanvolumen soll den von der Betriebsstillegung betroffenen Arbeitnehmern eine verteilungsgerechte Überbrückungshilfe gewährt werden (BAG Urteil vom 28. Oktober 1992 - 10 AZR 129/92 - AP Nr. 66 zu § 112 BetrVG 1972).
a) Auch ein Arbeitnehmer, der im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung sein Arbeitsverhältnis selbst kündigt, weil er einen neuen Arbeitsplatz gefunden hat, erleidet durch die geplante Betriebsänderung wirtschaftliche Nachteile, da er alle Anwartschaften beim bisherigen Arbeitgeber verliert und beim neuen Arbeitgeber zunächst keinen Kündigungsschutz hat (BAG Urteil vom 15. Januar 1991, BAGE 67, 29 = AP Nr. 57 zu § 112 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 11. August 1993 - 10 AZR 558/92 - AP Nr. 71 zu § 112 BetrVG 1972). Ob durch einen Sozialplan auch diese wirtschaftlichen Nachteile eines Arbeitnehmers, der selbst gekündigt hat, ausgeglichen werden sollen, können die Betriebspartner bzw. die Einigungsstelle grundsätzlich frei entscheiden (zu den Grenzen vgl. Urteil des Senats vom 20. April 1994 - 10 AZR 323/93 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
b) Im vorliegenden Fall sieht der Sozialplan Leistungen auch für Arbeitnehmer vor, die ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt haben, und zwar unabhängig davon, ob diese Eigenkündigung vom Arbeitgeber veranlaßt worden ist oder nicht. Darauf, ob die Kündigung des Klägers durch die geplante Betriebsänderung der Beklagten veranlaßt worden ist, kommt es daher nicht an.
Der Sozialplan unterscheidet lediglich zwischen Arbeitnehmern, die am 4. Mai 1992 noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen, und denen, deren Arbeitsverhältnis vor diesem Zeitpunkt - gleichgültig durch wen - gekündigt worden ist. Diese Unterscheidung ist sachlich gerechtfertigt und verstößt daher nicht gegen § 75 BetrVG.
Stichtage sind in Sozialplänen üblich und grundsätzlich zulässig. Bei der Festlegung von Stichtagen kommt den Betriebspartnern bzw. der Einigungsstelle ein weiter Ermessensspielraum zu. Jede Stichtagsregelung bringt unvermeidbar gewisse Härten mit sich. Solche Härten müssen hingenommen werden, wenn die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist (BAG Urteil vom 19. April 1983, BAGE 42, 217 = AP Nr. 124 zu Art. 3 GG).
Das Abstellen auf den Zeitpunkt, in dem das Bemühen der Betriebspartner um einen Interessenausgleich gescheitert ist, ist sachgemäß und hält sich im Rahmen des Regelungsermessens der Einigungsstelle.
Der Interessenausgleich soll klären, ob, wann und in welcher Weise die geplante Betriebsänderung durchgeführt werden soll. Ein Interessenausgleich soll Nachteile für die von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer möglichst überhaupt nicht entstehen lassen, diese zumindest in Grenzen halten (näher: Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., §§ 112, 112 a, Rz 5 a). Dementsprechend wollte hier der Betriebsrat die angekündigte Betriebsschließung auch um mehrere Jahre hinauszögern. Dieser Versuch war am 4. Mai 1992 gescheitert. Mit dem Scheitern des Interessenausgleichs stand fest, ob, wie und wann die Betriebsänderung durchgeführt werden sollte. Arbeitnehmer, denen jetzt gekündigt wurde oder die ihr Arbeitsverhältnis selbst kündigten, verloren ihren Arbeitsplatz infolge dieser Betriebsänderung.
Der Senat verkennt nicht, daß auch der Kläger sein Arbeitsverhältnis letztlich nur im Hinblick auf die von der Beklagten schon im Februar angekündigte Betriebsstillegung gekündigt und dadurch - wie dargelegt - wirtschaftliche Nachteile erlitten hat. Bis zum 4. Mai 1992 stand aber noch nicht endgültig fest, ob und wann das Werk geschlossen werden sollte, welche Arbeitnehmer ggfs. in anderen Werken der Beklagten weiterbeschäftigt werden konnten und ob nicht für den Betrieb ein neuer Inhaber zu finden war. Arbeitnehmer, die, wie der Kläger, auf diese erste Ankündigung hin sich eine neue Arbeitsstelle suchten und ihr Arbeitsverhältnis kündigten, handelten daher insoweit auf eigene Gefahr.
Wenn die Betriebspartner bzw. die Einigungsstelle im Sozialplan diese Arbeitnehmer anders behandelte als die, denen nach dem 4. Mai 1992 gekündigt wurde oder die nach diesem Zeitpunkt selbst kündigten, knüpfte sie mit dieser Unterscheidung an unterschiedliche Sachverhalte an, die diese Unterscheidung sachlich rechtfertigen.
Jede Sozialplanregelung muß Bestimmungen darüber treffen, welche Arbeitnehmer Leistungen, insbesondere Abfindungen bei Verlust des Arbeitsplatzes erhalten sollen. Sie kann alle Arbeitnehmer einbeziehen, die schon auf die ersten Anzeichen einer möglichen Betriebsschließung hin ihr Arbeitsverhältnis selbst kündigen, muß dies aber nicht. Gegen eine solche Regelung spricht schon die Überlegung, daß das stets - gleich in welcher Höhe - begrenzte Sozialplanvolumen nicht auf eine zu große Zahl von Arbeitnehmern verteilt werden sollte. In welcher Weise der Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer abgegrenzt werden soll, steht im Ermessen der Betriebspartner bzw. der Einigungsstelle. Entscheiden sich die Betriebspartner für eine Stichtagsregelung und bestimmen sie als Stichtag den Tag, an dem der gebotene Versuch eines Interessenausgleichs endgültig gescheitert ist, so ist eine solche Regelung nicht nur naheliegend, sondern auf jeden Fall sachlich vernünftig und daher auch rechtlich nicht zu beanstanden.
Wären die Betriebspartner rechtlich gehalten, in eine Sozialplanregelung alle Arbeitnehmer einzubeziehen, die schon im Hinblick auf eine nach den jeweiligen Umständen zu erwartende Betriebsänderung ihr Arbeitsverhältnis kündigen und deswegen wirtschaftliche Nachteile erleiden, müßte dies Anlaß für den Arbeitgeber sein, die von § 111 BetrVG ihm zur Pflicht gemachte rechtzeitige Unterrichtung des Betriebsrates von seinen Plänen möglichst lange hinauszuzögern und alle Bemühungen um einen sinnvollen Interessenausgleich auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Eine geordnete Durchführung der geplanten Betriebsänderung wäre gefährdet, wenn Arbeitnehmer ihr Arbeitsverhältnis in dem Bewußtsein vorzeitig kündigen könnten, daß ihnen Ansprüche aus einem Sozialplan deswegen nicht vorenthalten werden dürften (vgl. Urteil des Senats vom 26. Oktober 1994 - 10 AZR 482/93 - auch zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Damit erweist sich die Klage insgesamt und daher auch die Revision des Klägers als unbegründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Matthes Hauck Böck
Hromadka Hannig
Fundstellen
BB 1995, 620 |
BB 1995, 620-622 (LT1) |
BuW 1995, 327 (K) |
BetrR 1995, 104 (LT1) |
BetrVG, (22) (LT1) |
EWiR 1995, 329 (L) |
NZA 1995, 492 |
NZA 1995, 492-493 (LT1) |
ZIP 1995, 765 |
ZIP 1995, 765-767 (LT) |
AP § 112 BetrVG 1972 (LT1), Nr 89 |
AR-Blattei, ES 1470 Nr 62 (LT1) |
EzA § 112 BetrVG 1972, Nr 80 (LT1) |
PersF 1995, 527 (S1) |