Durch das am 1.1.2020 in Kraft getretene WEMoG wurde die bereits bis zu diesem Zeitpunkt privilegierte bauliche Veränderung für Maßnahmen, die der Schaffung von Barrierefreiheit dient, um bauliche Veränderungen erweitert, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Dieser nunmehr in § 554 BGB geregelte Katalog der privilegierten baulichen Veränderungen soll künftig um Steckersolargeräte erweitert werden. Auf Grundlage der Photovoltaik-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz[1] sieht ein Referentenentwurf des Bundministeriums der Justiz aktuell eine Erweiterung des Katalogs des § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB auch um einen Anspruch auf bauliche Veränderungen vor, die der Montage von Steckersolargeräten dienen. Auch ein entsprechender Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion liegt insoweit vor. Trotz der ablehnenden Stellungnahme des DAV[2], die auch wenig überzeugend ist, dürfte mit einer entsprechenden Gesetzesänderung zu rechnen sein, die voraussichtlich am 1.1.2024 in Kraft treten wird.

3.1 Keine Eigenmacht des Mieters

Ungeachtet der Frage, ob die gesetzgeberischen Pläne tatsächlich Gesetz werden, darf ein Mieter ein Balkonkraftwerk auch auf Grundlage einer Erweiterung der für ihn privilegierten baulichen Veränderungen voraussichtlich ab 1.1.2024 nicht ohne Erlaubnis des Vermieters montieren. Unerheblich ist dabei auch, ob die Anlage durch Eingriff in die bauliche Substanz eines Balkons montiert wird oder lediglich mit Rohrschellen am Balkon befestigt wird. In aller Regel ist der Mieter mietvertraglich nämlich nicht berechtigt, die in § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB geregelten baulichen Maßnahmen eigenmächtig durchzuführen. Er benötigt vielmehr die Erlaubnis seines Vermieters hierzu, was der Wortlaut des § 554 Ans. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck bringt: "...dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt..." Strebt der Mieter also eine bauliche Veränderung in Form der Montage eines Balkonkraftwerks an, muss er hierzu die Erlaubnis des Vermieters einholen. Insoweit wird sich auch auf Grundlage einer gesetzlichen Neuregelung vom Grundsatz her nichts ändern.

Handelt der Mieter eigenmächtig und montiert er das Balkonkraftwerk ohne entsprechende Erlaubnis seines Vermieters, begeht er eine Pflichtverletzung, der mit den einschlägigen mietrechtlichen Vorschriften begegnet werden kann. Wenn allerdings bereits aufgrund derzeit noch geltender Rechtslage einem Beseitigungsverlangen die "Dolo-Agit-Einrede"[1] entgegengehalten werden kann, darüber hinaus das Ermessen des Vermieters letztlich auf null reduziert ist, weil das Balkonkraftwerk selbst optisch nicht als störend zu empfinden ist, es fachmännisch montiert wurde und Versicherungsnachweise vorliegen, wird dies nach künftiger Rechtslage wohl erstrecht der Fall sein. Allerdings bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte die Auffassung des AG Stuttgart teilen werden.

Die Dolo-Agit-Einrede besagt, dass eine Klage eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn der Kläger die eingeklagte Leistung sofort an den Beklagten zurückgeben müsste, weil diesem ein entsprechender Gegenanspruch zusteht. Hat also der Mieter das Balkonkraftwerk ohne Erlaubnis des Vermieters montiert und nimmt dieser ihn auf Rückbau gerichtlich in Anspruch, wird die Klage scheitern, wenn der Mieter einen Anspruch auf Montage des Balkonkraftwerks gegen den Vermieter hat. Für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts wird aber derzeit eine entsprechende Einrede wohl nicht erfolgreich erhoben werden können.[2]

[1] Salopp ausgedrückt: "Du darfst mir nicht nehmen, was Du mir ohnehin geben musst".
[2] Offen gelassen von BGH, Urteil v. 17.3.2023, V ZR 140/22, ZWE 2023 S. 211; "Dolo-Agit"-Einrede allerdings nach LG Frankfurt a. M., Urteil v. 20.12.2021, 2-13 S 135/20, WuM 2023 S. 236 möglich; siehe auch Kap. 3.4.

3.2 Interessenabwägung

Gemäß § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Anspruch des Mieters ausgeschlossen, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Es ist also eine Abwägung der nachteiligen Folgen der baulichen Veränderung für den Vermieter mit dem Interesse des Mieters an der Ausführung der Baumaßnahme vorzunehmen. Dabei trifft jede der beiden Parteien die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die zu ihren Gunsten bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. Da der Vermieter stets sein Interesse entgegenhalten kann, dass die Mietsache baulich nicht verändert wird, ist in jedem Fall eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Vermieter kann im Streitfall den Mieter also dazu zwingen, sein Interesse an der baulichen Veränderung offenzulegen.

3.2.1 Interessen des Vermieters

Konservierungsinteresse

Auf Seiten des Vermieters ist zunächst sein Konservierungsinteresse zu berücksichtigen. Dieses besteht darin, dass durch eine bauliche Veränderung nicht in die Substanz der Mietsache eingegriffen wird. Dieses Interesse ist typis...

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