Allein die Ausgestaltung als privilegierte bauliche Veränderung lässt die erforderliche Beschlussfassung nicht entfallen. Stets ist es Sache des Wohnungseigentümers, der eine nicht in der Gemeinschaftsordnung gestattete bauliche Veränderung beabsichtigt, einen Gestattungsbeschluss gegebenenfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeizuführen, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird.[1]

 
Hinweis

Jede bauliche Veränderung muss beschlossen werden

Jede von einem einzelnen Wohnungseigentümer beabsichtigte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums bedarf eines legitimierenden Beschlusses, auch wenn kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums informiert werden. Für den bauwilligen Wohnungseigentümer hat der legitimierende Beschluss den Vorteil, dass er, ebenso wie eventuelle Rechtsnachfolger, durch dessen Bestandskraft Rechtssicherheit hat.[2]

Auch eine "Dolo-Agit"-Einrede (salopp: "Du darfst mir nicht nehmen, was Du mir ohnehin geben musst") dürfte im Beseitigungsprozess nicht erfolgreich zu erheben sein.[3] Freilich aber wird die Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten bleiben, ob die Einrede dann erfolgreich erhoben werden kann, wenn bereits ein durch Beschluss gestattetes Balkonkraftwerk vorhanden ist und ein Wohnungseigentümer eine weiteres in optisch vergleichbarer Ausführung ohne Gestattungsbeschluss montiert.

 
Praxis-Tipp

Grundsatzbeschluss herbeiführen

Derartige Unsicherheiten und Stolpersteine können von vornherein dadurch vermieden werden, dass ein Grundsatzbeschluss gefasst wird, wonach den Wohnungseigentümern die Montage von Balkonkraftwerken unter eindeutigen Vorgaben gestattet ist.

Ohnehin kann jeder Wohnungseigentümer aus Gründen der Gleichbehandlung die Gestattung der Montage eines Balkonkraftwerks verlangen. Insoweit wird auf die Beschlussmuster in Kap. 6 verwiesen. Auch wenn sämtliche Balkone und Terrassen über eine derartige Solaranlage verfügen, führt dies nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage. Hier gilt vielmehr: Je mehr Balkonkraftwerke montiert sind, desto einheitlicher das Gesamterscheinungsbild.

 
Hinweis

Vermietete Eigentumswohnung

Auch Mietern wird durch Erweiterung von § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Erlaubnis der Montage von Balkonkraftwerken gegen ihre Vermieter verliehen.[4] Für vermietende Wohnungseigentümer gilt es insoweit zu beachten, dass die vermieterseitige Erlaubnis den wohnungseigentumsrechtlich erforderlichen Gestattungsbeschluss nicht ersetzt. Ein solcher muss also herbeigeführt werden. Wird allerdings sinnvollerweise ein Grundsatzbeschluss über die Gestattung der Montage von Balkonkraftwerken gefasst, besteht diese Hürde für vermietende Eigentümer nicht mehr.

[2] BGH, a. a. O.; BT-Drs. 19/18791 S. 62.
[3] Offengelassen von BGH, a. a. O.; "Dolo-Agit"-Einrede nach LG Frankfurt a. M., Urteil v. 20.12.2021, 2-13 S 135/20, WuM 2023, 236 möglich. Anderer Auffassung ist allerdings das AG Paderborn, Urteil v. 6.9.2022, 52 C 9/22, ZMR 2022, 1017.
[4] Siehe hierzu ausführlich Blankenstein, Balkonkraftwerke (Miete).

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