Bauliche Veränderung nur mit Beschluss
Hintergrund: Pool-Bau ohne Genehmigung
Die Mitglieder einer aus zwei Parteien bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft streiten über den Bau eines Swimmingpools. Die Anlage besteht aus zwei Doppelhaushälften. Das Grundstück steht im Gemeinschaftseigentum. Jedem Wohnungseigentümer steht ein Sondernutzungsrecht an dem an die jeweilige Haushälfte anschließenden Gartenteil zu.
Die Eigentümer einer Einheit begannen, in ihrem Gartenteil einen Swimmingpool zu bauen. Daraufhin klagte die Eigentümerin der anderen Einheit auf Unterlassung. Sie ist der Meinung, ohne gestattenden Beschluss sei die Baumaßnahme am gemeinschaftlichen Eigentum unzulässig.
Entscheidung: Beschlusszwang für bauliche Veränderung
Die Unterlassungsklage ist begründet. Der klagenden Eigentümerin steht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Bauliche Veränderungen müssen nämlich gemäß § 20 Abs. 1 WEG durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer gestattet werden. Ein solcher Beschluss fehlt hier.
Zwar steht den beklagten Eigentümern ein Sondernutzungsrecht an dem hälftigen Grundstück zu. Dieses berechtigt aber nicht zu grundlegenden Umgestaltungen der Sondernutzungsfläche, die wie der Bau eines Swimmingpools über die übliche Nutzung hinausgehen. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine Reparatur oder Instandsetzung.
Gestattungsanspruch allein reicht nicht
Die Eigentümer können sich auch nicht darauf berufen, dass sie möglicherweise einen Anspruch darauf haben, den Bau des Pools zu gestatten. Zwar kann jeder Wohnungseigentümer nach § 20 Abs. 3 WEG verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte hierdurch über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind oder wenn kein anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt wird.
Doch selbst wenn man annimmt, dass die klagende Eigentümerin durch den Pool nicht beeinträchtigt würde und einen Anspruch auf Gestattung unterstellt, muss die Gestattung durch Beschluss der Wohnungseigentümer erfolgen.
Vor der WEG-Reform war diese Frage umstritten. In Kenntnis dessen hat der Gesetzgeber bei der Novelle des WEG eindeutig festgelegt, dass bauliche Veränderungen eines Beschlusses bedürfen. Hierdurch sollen Auslegungsschwierigkeiten vermieden und die vielfältigen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit baulichen Veränderungen beseitigt werden.
Danach bedarf jede von einem einzelnen Wohnungseigentümer beabsichtigte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums eines legitimierenden Beschlusses, auch wenn kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. So wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums informiert werden.
Eigentümer muss Gestattungsanspruch durchsetzen
Damit ist vorgezeichnet, wie einzelne Wohnungseigentümer bei beabsichtigten baulichen Veränderungen vorgehen müssen. Es obliegt dem bauwilligen Wohnungseigentümer, vor Beginn der Baumaßnahme einen Gestattungsbeschluss herbeizuführen. Notfalls muss er den Weg der Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG gehen. Handelt er dem zuwider, haben die übrigen Wohnungseigentümer einen Unterlassungsanspruch.
Dass der bauwillige Wohnungseigentümer dem Unterlassungsanspruch seinen Gestattungsanspruch nicht unter Berufung auf Treu und Glauben entgegenhalten kann, ist keine bloße Förmelei. Wer bauen will, muss sich selbst um den geforderten Beschluss kümmern, während nicht die übrigen Eigentümer dahin gedrängt werden sollen, auf eine Unterlassungsklage hinwirken zu müssen.
Dieses nun eindeutig geregelte Verfahren hat zudem den Vorteil, dass mit Bestandskraft eines gestattenden Beschlusses (beziehungsweise Rechtskraft eines Urteils, das einen Gestattungsbeschluss ersetzt) zwischen den Wohnungseigentümern ebenso wie im Verhältnis zu deren Rechtsnachfolgern feststeht, dass die bauliche Veränderung zulässig ist.
(BGH, Urteil v. 17.3.2023, V ZR 140/22)
Gesetzliche Grundlage für bauliche Veränderungen: § 20 WEG
(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.
(…)
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.
Das könnte Sie auch interessieren:
Top-Thema WEG-Reform 2020 – Bauliche Veränderungen
BGH-Rechtsprechungsübersicht zum Wohnungseigentumsrecht
-
Balkonkraftwerke: Das gilt für WEG & Vermieter
2.509
-
Vermieter muss Heizkosten korrekt verteilen
1.657
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter beim Zeitmietvertrag achten
1.629
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
1.401
-
Form der Betriebskostenabrechnung und Mindestangaben
1.358
-
Verwaltungskostenpauschale 2023: Kostenmiete steigt mit Tabelle
1.133
-
Untervermietung: Was kann der Vermieter verbieten?
1.103
-
Schlüssel für Schließanlage verloren: Wer muss zahlen?
1.053
-
Rechtsfolgen des Eigentümerwechsels
1.027
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
993
-
Info-Portal für die Heizungswahl
20.11.2024
-
Energiewende – (Wie) macht das der Verwalter?
19.11.2024
-
BGH bleibt dabei: Schonfristzahlung heilt nur fristlose Kündigung
18.11.2024
-
Heizkosten 2023 um rund 31 Prozent gestiegen
06.11.20242
-
Mietminderung bei Legionellen: Urteile im Überblick
04.11.2024
-
Nur zahlungsrelevante Fehler kippen Jahresabrechnung
29.10.2024
-
Heizungsautomatisierung: Frist endet am 31.12. – Bußgelder drohen
25.10.2024
-
Wärmepumpen-Check: Neue Tools für Hauseigentümer
25.10.2024
-
Vorkaufsrecht von Angehörigen geht Mietervorkaufsrecht vor
23.10.2024
-
Der neue Charme der Betriebsoptimierung
21.10.2024