Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Laut Sachverhalt hatte ein Eigentümer in einer atypischen Wohnanlage mit Reihenhäusern und freistehenden Häusern im Bereich seiner sondergenutzten Gartenfläche rechteckige Aufmauerungen errichtet (50 cm über Bodenniveau und 65 cm in die Erde gehend) und zwar auf eine Länge einmal von 6 m bis 1,5 m Breite und zum anderen auf etwa 12 m Länge und ebenfalls 1,50 m Breite, wobei dann in diesen abgemauerten Beeten Eibenhecken gepflanzt wurden.
Während die Vorinstanzen von einer duldungspflichtigen baulichen Veränderung ausgingen, entsprach das KG im wesentlichen dem Beseitigungsanspruch eines Miteigentümers hinsichtlich der die Erdoberfläche überragenden Mauerteile.
2. Auch Sondernutzungsrechte an Gartenflächen geben einem Wohnungseigentümer nicht das Recht, eigenmächtig sichtbare kniehohe Beeteinfassungsmauern zu errichten, selbst wenn sich das Mauerwerk durch seine Gestaltung in den Gesamtcharakter der Wohnanlage einfügt.
Ein Rechtsbeschwerdegericht kann trotz tatsacheninstanzlicher Feststellungen überprüfen, ob der Rechtsbegriff des "Nachteils" richtig angewendet oder verkannt wurde. Insoweit wird nicht in die Kompetenzen der Vorinstanzen zur Feststellung der Tatsachen eingegriffen.
Als Beeinträchtigung im Sinne des § 14 WEG (in Verb. mit § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG) kann auch eine Veränderung des architektonischen Gesamteindruckes einer Anlage gewertet werden (BGH, NJW 79, 317). Unter einem "Nachteil"ist i. ü. jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen gelten als ein solcher Nachteil; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGH, NJW 92, 978).
Von dem in § 22 Abs. 1 WEG verbürgten Bestandsschutz werden allenfalls Fälle geringfügiger Beeinträchtigung ausgenommen, wobei an die Geringfügigkeit ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Der von der Rechtsprechung entwickelte Begriff der objektiv nachteiligen Beeinträchtigung zielt auch nicht etwa darauf ab, dass generell alle baulichen Veränderungen erlaubt seien, die nicht als objektiv verunstaltend bezeichnet werden können. Was die Unzulässigkeit baulicher Veränderungen betrifft, ist um so mehr auf die Nachteiligkeit abzustellen, je geringfügiger die Baumaßnahme ist (anhand entschiedener Beispielsfälle aus der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung wird dies in den Entscheidungsgründen näher belegt). Ob sich eine Beeinträchtigung durch bauliche Veränderungen nachteilig auswirkt, ist vordergründig zu erörtern, wenn hauptsächlich das Aussehen und der Gesamteindruck einer Wohnanlage betroffen oder aber wegen der Unauffälligkeit eben nicht berührt werden. Eine Beseitigungspflicht soll dann nicht bestehen, wenn die Veränderung nach dem objektiven Maßstab der Verkehrsauffassung als geringfügig angesehen werden kann (wie z. B. im Falle KG Berlin vom 7. 10. 1992, 24 W 235/92 zu nachträglich angebrachten schmiedeeisernen Schutzgittern; vgl. auch die Entscheidung auf Seite 2195).
Im vorliegenden Fall lagen durch die vorgenommene und auch vom Haus der Antragstellerseite wahrnehmbare Veränderung des Gesamteindrucks der Wohnanlage durch die errichteten Mauern hinaus massive gegenständliche Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum (die dem Gemeinschaftseigentum unterliegenden Grundstücksflächen) vor, die nicht als geringfügig eingestuft werden konnten. Selbst bei einer mehr als vorteilhaft einzustufenden Umgestaltung des Gartens würde hier der durch § 22 Abs. 1 WEG verbürgte Bestandsschutz vorgehen. Gemeinschafts-Gartenflächen sind ebenso wie Gebäudeteile des Gemeinschaftseigentums gegen wesentliche einseitige Eingriffe geschützt, so dass der Beseitigungsantrag hinsichtlich der aus dem Erdboden herausragenden Mauerteile als begründet erachtet wurde.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz in Dritter Instanz von DM 5.000,-.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 10.01.1994, 24 W 3851/93).
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Festzustellen ist zu diesem Fall und anderen vergleichbaren Fallkonstellationen nachträglicher baulicher Veränderungen am und im Gemeinschaftseigentum doch eine "strenge" Wertung der Gerichte und eine sehr restriktive Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe "Nachteilswirkung", "Beeinträchtigung", "Geringfügigkeit" und "Unerheblichkeit". Richtig erscheint mir auf jeden Fall, dass sich die Auslegung dieser Begriffe allein an objektiven Grundsätzen zu orientieren hat, d. h. im Sinne objektivierter, neutraler allgemeiner Verkehrsanschauung bezogen auf den jeweils konkreten Einzelfall einer Änderungsmaßnahme.
Im Wohnungseigentumsrecht kann auch bei vereinbartem Gartensondernutzungsrecht was vielfach eigentümerseits verkannt wird grundsätzlich nicht der Substanz nach in das gemeinschaftliche Gartengrundstück störend sichtbar eingegriffen werden, insbesondere dann nicht, wenn ein solcher Eingrif...