Entscheidungsstichwort (Thema)
kniehohe Beeteinfassung als unzulässige bauliche Veränderung. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
Auch Sondernutzungsrechte an Gartenflächen geben einem Wohnungseigentümer nicht das Recht, eigenmächtig sichtbare kniehohe Beeteinfassungsmauern zu errichten, selbst wenn das Mauerwerk sich durch seine Gestaltung in den Gesamtcharakter der Wohnanlage einfügt.
Normenkette
WEG § 14 Nrn. 1, 3, § 22 Abs. 1
Beteiligte
weitere Beteiligte zu 1) bis 4) wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 11. Mai 1993 – 85 T 238/92 – ersichtlich |
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 238/92) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 252/92) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird teilweise aufgehoben.
Auf die Erstbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 19. November 1992 – 70 II 252/92 WEG – teilweise wie folgt geändert:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, in der Wohnungseigentumsanlage … folgende bauliche Veränderungen zu beseitigen, jedoch nur die sichtbaren Teile über dem Erdboden:
- Einfassungsmauern mit einer Länge von etwa 12 m in einer Höhe von 50 cm über dem Erdboden an der Sondernutzungsflächengrenze zwischen den Einheiten Nr. 5 (Antragsgegnerin) und den Einheiten Nr. 1 und 2 (Antragstellerin und Eheleute Vietig),
- Einfassungsmauern mit einer Länge von etwa 6,5 m in einer Höhe von 50 cm über dem Erdboden auf der Sondernutzungsfläche der Einheit Nr. 5 (Antragsgegnerin) parallel zu der zur Einheit Nr. 5 gehörenden Garage.
Im übrigen werden die Erstbeschwerde und die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller drei Instanzen haben die Antragstellerin und die Antragsgegnerin je zur Hälfte zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 5.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus vier Reihenhäusern und zwei freistehenden Häusern. Der Antragstellerin steht ein Reihenhaus zu, von dem sie auf das freistehende Haus der Antragsgegnerin sehen kann. Zu den Wohneinheiten gehören nach der Teilungserklärung vom 20. April 1978 Sondernutzungsrechte an den jeweils angrenzenden Gartenflächen. Die Antragsgegnerin hat im Bereich des ihr zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenteils zwei rechteckige Aufmauerungen (50 cm aus der Erde ragend und 65 cm in die Erde gehend) errichten lassen, in denen sie jeweils eine Eibenhecke gepflanzt hat. Eine Aufmauerung hat die Ausmaße von etwa 6 m Länge und 1,5 m Breite, die andere an die Sondernutzungsfläche der Antragstellerin grenzende Aufmauerung hat die Ausmaße von etwa 12 m Länge und 1,50 m Breite. Die Errichtung erfolgte ohne Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin die Beseitigung der Aufmauerungen über und unter dem Erdboden. Mit Beschluß vom 19. November 1992 hat das Amtsgericht den Verpflichtungsantrag zurückgewiesen. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Erstbeschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin führt dazu, daß die Antragsgegnerin die aus dem Erdboden ragenden sichtbaren Mauern zu beseitigen hat.
Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die Rechtsmittelbeschwer des § 45 Abs. 1 WEG erreicht. Das Rechtsmittel ist teilweise sachlich gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluß ist nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG).
Das Landgericht hat ausgeführt: Ein Beseitigungsanspruch der Antragstellerin gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG sei nicht gegeben. Zwar seien die von der Antragsgegnerin vorgenommenen pflanzentrogartigen Aufmauerungen als bauliche Veränderungen im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG zu beurteilen. Dazu gehöre jede über die ordnungsmäßige Instandhaltung bzw. Instandsetzung hinausgehende Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums in Abweichung vom Aufteilungsplan bzw. vom Zustand bei Entstehung des Wohnungseigentums. Eine bauliche Veränderung bedürfte grundsätzlich der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer, was sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 21 Abs. 3 und 4, 22 Abs. 1 WEG ergebe. Bei den von der Antragsgegnerin veranlaßten pflanzentrogartigen Aufmauerungen handele es sich um derartige bauliche Veränderungen. Denn diese Vorrichtungen dienten weder der ordnungsmäßigen Instandhaltung noch der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums und seien insoweit nicht erforderlich.
Es habe aber dennoch nicht der Zustimmung der Antragstellerin zu den von der Antragsgegnerin vorgenommenen Installationen bedurft, weil ihr dadurch kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwachse (§§ 22 Abs. 1, 14 WEG). Maßgebend sei, ob dem Wohnungseigentümer durch die beanstandete Maßnahme in vermeidbarer Weise ein Nachteil erwächst (BGHZ 73, 196, 201). Unter einem Nachteil in diesem Sinne sei jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung ...