Bauen als Eingriff in Natur und Landschaft
Mit der Neufassung des Baugesetzbuchs zum 1.1.1998 wurde auch das Verhältnis des Baurechts zum Umweltrecht, insbesondere zu den im Bundesnaturschutz geregelten Materien auf eine neue Ebene gestellt. Bis dahin war das Verhältnis der beiden Rechtsmaterien nicht frei von Unklarheiten. Dies rührte vor allem daher, dass das Bundesnaturschutzgesetz jeden Eingriff in Natur und Landschaft als erlaubnispflichtigen Vorgang behandelt, der – wenn er schon nicht zu vermeiden ist – zumindest zu Ausgleichs- und Ersatzforderungen führt. So war beispielsweise das Bauen auf bisher nicht bebauten Grundstücken im Außenbereich nach diesen naturschutzrechtlichen Definitionen ganz klar ein Eingriff in Natur und Landschaft. Es stellte sich also die Frage, ob neben der baurechtlichen Genehmigung eine weitere naturschutzrechtliche Genehmigung sowohl für Bebauungspläne wie auch für Einzelbaugenehmigungen erforderlich sei.
Diese Streitfrage ist nunmehr in den §§ 1a und 2 BauGB geregelt. Kernaussage dieser Bestimmungen ist, dass über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz bei Eingriffen in Natur und Landschaft nur nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs zu entscheiden ist. Bei der Änderung des Baugesetzbuchs im Jahr 2004 wurde diese Linie beibehalten und gestärkt. Gestärkt wurde sie dadurch, dass nach § 2 Abs. 4 BauGB nunmehr in fast allen Bauleitplanverfahren eine sog. Umweltprüfung durchgeführt werden muss.
Umweltprüfung
Lediglich Bebauungspläne, die im vereinfachten Verfahren des § 13 BauGB aufgestellt werden und Bebauungspläne zur Innenentwicklung nach § 13a BauGB unterliegen nicht der Pflicht zur Umweltprüfung.
In der Umweltprüfung müssen die Belange des Umweltschutzes ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Das Ergebnis der Umweltprüfung wird in einem Umweltbericht niedergelegt. Die Gliederung dieses Berichts ist in der Anlage 1 zum Baugesetzbuch genau vorgeschrieben. Die Umweltprüfung ist kein neues eigenständiges Prüfverfahren. Sie wird vielmehr innerhalb der vom Baugesetzbuch allgemein vorgegebenen Verfahrensschritte zur Aufstellung oder Änderung eines Bauleitplans durchgeführt. Die Ergebnisse der Umweltprüfung gehen deshalb in die allgemeine Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange ein, die gemäß § 1 Abs. 7 BauGB in jedem Bauleitplanverfahren zu erfolgen hat. Die Umweltprüfung selbst hat keine Verschärfung der Umweltstandards gebracht. Die Umweltbelange sind vielmehr bei der Abwägung gleichrangig mit den anderen öffentlichen und privaten Belangen zu sehen. Sie sind nicht a priori stärker als andere öffentliche oder private Belange. Erst die Untersuchung der Belange im Einzelfall zeigt dann, ob im konkreten Fall ein Belang wichtiger ist als ein anderer Belang.
Gegenstand der Umweltprüfung sind einmal die in § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB aufgeführten Schutzgüter. Das sind Belange des Umweltschutzes (einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege):
- Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt;
- die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes (FFH und Vogelschutzgebiete);
- umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt;
- umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter;
- die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern;
- die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie;
- die Darstellung von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts;
- die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die Rechtsverordnung zur Erfüllung von bindenden Beschlüssen der Europäischen Gemeinschaften festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden;
- die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a), c) und d).
Ergänzende Vorschriften
Gegenstand der Umweltprüfung sind des Weiteren die in § 1a BauGB aufgeführten ergänzenden Vorschriften zum Umweltschutz:
Sparsamer und schonender Umgang mit Grund und Boden
- Vorrang der Innenentwicklung,
- Beschränkung der Bodenversiegelung;
- Zurückhaltung bei Umnutzung von Flächen für Landwirtschaft, Forst und Wohnen;
- Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz;
- Klimaschutzklausel.
Schließlich wird im Zuge der Umweltprüfung auch untersucht, ob die Vorschriften zweier europäischer Richtlinien, nämlich der Vogelschutz- und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie betroffen sind. Aufgrund der beiden Richtlinien soll ein europäisches ökologisches Netz "Natura 2000" entstehen. Die Schutzgebiete werden entsprechend den Vorgaben des Europarechts von den nationalen Regierungen ausgewählt. Diese Auswahl ist in der Bundesrepublik bereits größtenteils erfolgt und zählt bisher 5.267 solcher Gebi...