1 Leitsatz
Nimmt ein Wohnungsmieter eigenmächtig bauliche Maßnahmen in der Wohnung vor, so stellt allein dies und die unterbliebene Einbindung des Vermieters noch nicht notwendig einen Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses dar. Handelt es sich objektiv um eine wohnwertverbessernde Modernisierung und trägt der Vermieter keinen sachlichen Grund für die Verweigerung einer vom Mieter rechtzeitig erbetenen Erlaubnis vor, liegt keine hinreichend erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten durch den Mieter vor. Dies kann selbst dann gelten, wenn die Maßnahme mangelhaft ausgeführt wurde, sodass die angestrebte Wohnwertverbesserung infrage steht.
2 Normenkette
BGB §§ 539 Abs. 2, 543, 566, 573
3 Das Problem
Bauliche Veränderungen der Mietsache (z. B. Einziehen oder Entfernen von Zwischenwänden, Erstellen von Mauerdurchbrüchen, Einbau einer Etagenheizung) darf der Mieter grundsätzlich nur mit Einwilligung des Vermieters durchführen. Ausgenommen sind Veränderungen geringfügiger Art im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs. Dies beruht auf dem Grundsatz, dass der Vermieter dem Wohnungsmieter nicht ohne triftige, sachbezogene Gründe Maßnahmen verbieten darf, die dem Mieter die Nutzungsmöglichkeiten der Wohnung als Mittelpunkt seines Lebens verbessern (so bereits BVerfG, Beschluss v. 26.5.1993, 1 BvR 208/93). Im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs liegen daher solche Maßnahmen, die rückgängig gemacht werden können, keinen Eingriff in die bauliche Substanz darstellen, die Einheitlichkeit der Wohnanlage nicht beeinträchtigen und keine nachteiligen Folgewirkungen auf die Mitbewohner des Anwesens haben, wie z. B. das Anbringen neuer Fußleisten, Montage von zusätzlichen Steckdosen, fachgerechter Einbau einer abgehängten Decke mit Beleuchtungselementen. Zu einer Kündigung des Mietverhältnisses wegen einer eigenmächtig vom Mieter vorgenommenen baulichen Veränderung ist der Vermieter grundsätzlich nur dann berechtigt, wenn es sich um Eingriffe in die Bausubstanz handelt, die zu einer Gefährdung der Mietsache führen können.
4 Die Entscheidung
In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall hatte der Mieter das von ihm bereits vor ca. 30 Jahren mit Zustimmung des Voreigentümers renovierte Bad nochmals renoviert; dazu aber nicht die Einwilligung des jetzigen Eigentümers eingeholt. Das LG Berlin wies darauf hin, dass ein nachfolgend durch Erwerb des Grundstücks in das Mietverhältnis eingetretener Vermieter zwar formaler Eigentümer dieser früheren Einbauten des Mieters geworden ist. Die formale Eigentümerstellung des Vermieters hindere den Mieter aber nicht an einer neuerlichen Modernisierung des Bades, da er gem. § 539 Abs. 2 BGB berechtigt bleibt, die von ihm eingebrachten Einbauten wieder wegzunehmen und durch neue zu ersetzen. Unbeschadet dessen stelle allein die unterbliebene Einbindung des Vermieters nicht notwendig einen Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses dar.
Hinweis
Handelt es sich objektiv um eine wohnwertbessernde Modernisierung und trägt der Vermieter keinen sachlichen Grund für die Verweigerung einer vom Mieter rechtzeitig erbetenen Erlaubnis vor, liegt keine hinreichend erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten selbst dann vor, wenn die Maßnahme mangelhaft ausgeführt wurde. Ist dem Mieter der von ihm geschaffene Zustand gleichwohl genehm und hat er dafür erhebliche Kosten auf sich genommen, so kann es dem Vermieter zuzumuten sein, seinen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands bis zum Ende des Mietverhältnisses und der Fälligkeit seines Anspruchs auf Rückgabe der Mietsache in ordnungsgemäßen Zustand zurückzustellen.
5 Entscheidung
LG Berlin, Urteil v. 8.11.2023, 64 S 31/23, GE 2024, 194