Mieter mit Behinderung – Barrierefreie Dusche statt Badewanne?
Mieter klagt auf Zustimmung zur baulichen Veränderung
Infolge einer Behinderung konnte ein Mieter die Badewanne nicht mehr nutzen, die in seiner Mietwohnung eingebaut war. Deshalb wollte er die Badewanne ausbauen und durch eine barrierefreie Dusche ersetzen lassen. Er wendete sich also an seinen Vermieter und bat ihn um Erlaubnis. Doch der Vermieter weigerte sich, die Zustimmung zu dieser baulichen Veränderung zu erteilen. Daraufhin verklagte der Mieter ihn.
Das Amtsgericht Remscheid wies die Klage des Mieters zunächst ab. Damit war der Mieter nicht einverstanden und legte gegen die Entscheidung Berufung ein. Nachdem die Parteien während des Berufungsverfahrens das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, musste das Berufungsgericht darüber entscheiden, wer für die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91a Abs. 1 ZPO aufkommt.
Was das Gericht entschieden hat
Das Landgericht Wuppertal entschied, dass der Mieter bei einer abschließenden Entscheidung die Kosten des Rechtsstreits tragen muss.
Kein Anspruch des behinderten Mieters auf bauliche Veränderung
Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Mieter keinen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zu der begehrten baulichen Veränderung nach § 554 Abs. 1 BGB hat. Dies ergibt sich nach Auffassung des Gerichtes daraus, dass vorliegend die Interessen des Vermieters höher zu gewichten sind. Der Einbau der barrierefreien Dusche sei für den Vermieter nicht zumutbar, weil für ihn damit ein erheblicher Aufwand verbunden sei. Denn es reiche nicht, nur die Badewanne auszubauen – er müsse zusätzlich die Geschossdecke durchbohren. Dabei werde das darunter befindliche Badezimmer erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Dies gelte sowohl in räumlicher als auch in optischer und akustischer Hinsicht.
Mieter kann sich nicht auf leer stehende Wohnung berufen
Dem steht nicht der Einwand des Mieters entgegen, dass diese Wohnung bereits seit mehreren Jahren leer gestanden hat. Denn für den Vermieter würde die Weitervermietung erschwert, wenn er diese Maßnahmen im Badezimmer der darunter befindlichen Wohnung nicht durchführe.
Nach Angabe eines Sprechers hat das LG Wuppertal nun die im Hinweis angekündigte Entscheidung zulasten des Mieters getroffen.
(LG Wuppertal, Hinweisbeschluss v. 29.08.2023, 8 S 5/23).
Einordnung dieser Entscheidung
Aus dem Beschluss ergibt sich, dass behinderte Menschen nicht immer von ihrem Vermieter verlangen können, dass er ihnen die Durchführung von baulichen Veränderungen erlaubt, wie den Einbau einer barrierefreien Dusche. Inwieweit sie einen Anspruch darauf haben, hängt vielmehr von einer umfassenden Interessensabwägung im Einzelfall ab. Hierbei sind ebenfalls die Interessen der übrigen Mieter zu berücksichtigen. Die Auffassung vertritt auch der Gesetzgeber (vgl. BT-Drucksache 14/5663, Seite 78).
Dass die vom Vermieter angeführten Interessen erheblich sein müssen, ergibt sich aus einem Fall, in dem um den Einbau einer Rampe im Innenhof von insgesamt 23 Metern Länge im Eingangsbereich eines Mietobjektes ging. Das Landgericht Berlin entschied mit Urteil v. 21.10.2022, 66 S 75/22, dass der Vermieter dieser Maßnahme zustimmen muss, um Mieter einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Die vom Vermieter vorgebrachten ästhetischen Bedenken mussten gegenüber dem Interesse des Mieters zurückstehen.
Praxishinweis:
Mieter mit Behinderung sollten in ihrem Antrag eingehend darlegen, weshalb sie auf die von ihnen begehrte bauliche Veränderung für sie wirklich erforderlich ist und dabei Belange des Vermieters und Nachbarn berücksichtigen. Wenn der Vermieter gewichtige Gegenargumente – wie konkrete bauliche Besonderheiten – vorbringt, sollte geprüft und schriftlich festgehalten werden, inwieweit Alternativen leichter zu realisieren sind. Hierzu gehört etwa die Montage von Haltegriffen an einer Badewanne und der Einsatz eines Hubliftes. Zudem sollten Mieter bedenken, dass sie bei Beendigung des Mietverhältnisses normalerweise wieder den ursprünglichen Zustand der Mietsache wiederherstellen müssen. Anders ist das, wenn sie mit ihrem Vermieter eine andere Vereinbarung getroffen haben (vgl. Lützenkirchen/Selk in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 554 BGB Rd. 12).
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