Leitsatz

Ob ein über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß hinausgehender Nachteil vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Die Verringerung der nutzbaren Breite einer Treppe durch den Einbau eines Treppensitzlifts unter die in einer Landesbauordnung geforderte Mindestbreite kann danach einen hinnehmbaren Nachteil darstellen.

 

Fakten:

Die sehr betagten und gehbehinderten Eigentümer einer Wohnung im 2. OG einer Wohnungseigentumsanlage begehrten vorliegend, die übrigen Eigentümer gerichtlich zur Zustimmung zum Einbau eines Treppenlifts zu verpflichten. Die Richter entsprachen diesem Antrag, obwohl der Einbau des Lifts dazu führt, dass die nutzbare Breite der Treppe unter das in der maßgeblichen Bauordnung geforderte Maß verringert wird. Bauliche Veränderungen können bekanntermaßen gegen den Willen anderer Wohnungseigentümer nur durchgeführt werden, soweit diesen kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst. Einen derartigen Nachteil verneinten die Richter, denn vorliegend war das Eigentumsrecht der Antragsteller mit dem der übrigen Wohnungseigentümer abzuwägen. Zu berücksichtigen war hier, dass diese so stark gehbehindert sind, dass ihnen ein Verlassen und Wiederaufsuchen ihrer Wohnung ohne mechanische Steighilfe nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich ist. Das Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG entspringende Recht auf barrierefreien Zugang zur Wohnung überwiegt jedenfalls das Interesse der übrigen Eigentümer an einer Erhaltung des optischen Erscheinungsbildes des Treppenhauses.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 12.07.2005, 32 WX 051/05

Fazit:

Die Entscheidung entspricht der herrschenden Meinung.

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