Alexander C. Blankenstein
3.1.3.1 Grundsätze
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG verleiht den Wohnungseigentümern einen Anspruch auf eine angemessene bauliche Veränderung, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen soll. Diesem Zweck dienen alle baulichen Veränderungen, die es ermöglichen, die Batterie eines Fahrzeugs zu laden.
Reichweite des Anspruchs
Der Anspruch ist weitgehend und beschränkt sich nicht nur auf die Anbringung einer sog. "Wallbox", also einer Ladestation an der Wand, sondern umfasst beispielsweise auch die Verlegung der Leitungen und Eingriffe in die Stromversorgung oder die Telekommunikationsinfrastruktur, die dafür notwendig sind, dass die Lademöglichkeit sinnvoll genutzt werden kann, z. B. durch Montage einer Ladestation im Außenbereich der Wohnanlage. Der Anspruch beschränkt sich weiter nicht nur auf die Ersteinrichtung einer Lademöglichkeit, sondern betrifft auch deren Verbesserung und Anpassung an steigende Kapazitäten. Der Anspruch unterliegt auch keinen Beschränkungen oder Einschränkungen. Stets ist der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Wohnungseigentümer zu beachten und die aus dem Gemeinschaftsverhältnis resultierenden Treuepflichten der Wohnungseigentümer untereinander.
Privilegierte Fahrzeuge
Auch der Begriff des Fahrzeugs ist mehr oder weniger allumfassend und nicht etwa durch einen Rückgriff auf das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) zu verstehen. Vielmehr sind neben den im EmoG genannten Fahrzeugen auch elektrisch betriebene Zweiräder oder spezielle Elektromobile für Gehbehinderte erfasst, die nicht unter den Anwendungsbereich des EmoG fallen. Letztlich fallen also auch Pedelecs und jegliche elektrisch betriebenen Mobilitätshilfen unter den Anwendungsbereich.
3.1.3.2 Recht zum Gebrauch
Um einen Anspruch nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG geltend machen zu können, muss der jeweilige Wohnungseigentümer ein Recht zum Gebrauch der Gemeinschaftsfläche zum Laden seines Fahrzeugs haben. Hat er kein Recht, sein Auto im Bereich der Ladestelle abzustellen, hat er auch kein Recht auf Nutzung der vorhandenen oder zur Schaffung der nötigen Infrastruktur.
"Gebrauchsentzug" kann nicht beschlossen werden
Ein Beschluss der Eigentümerversammlung, der das Abstellen von E-Autos in der Tiefgarage bis auf Weiteres untersagt, macht den individuellen Rechtsanspruch des § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG zunichte und verstößt damit gegen ein wesentliches gesetzgeberisches Ziel der WEG-Reform. Bestehen also Sondernutzungsrechte an Stellplätzen in einer Tiefgarage und wird beschlossen, dass Elektrofahrzeuge dort nicht mehr abgestellt werden dürfen, verstößt ein solcher Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, auch wenn man zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft als wahr unterstellt, dass die Brandgefahr bei Elektrofahrzeugen größer ist als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Es besteht kein Gebrauchsrecht
Nicht jeder Eigentümer hat Stellplatz
Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus 30 Wohnungseigentümern. Die Tiefgarage verfügt nur über 20 Stellplätze, die auch 20 Wohnungseigentümern zu Sondereigentum zugewiesen sind. Weitere Außenflächen, auf denen ein Auto abgestellt werden kann, existieren nicht.
Unabhängig von der Frage, ob ggf. im Bereich der gemeinschaftlichen Tiefgarage bereits eine Lademöglichkeit existiert, hätte keiner der 10 Wohnungseigentümer, denen kein Stellplatz gehört, einen Anspruch auf Mitnutzung einer vorhandenen Lademöglichkeit. Auch hätte keiner von ihnen einen Anspruch auf Schaffung der erforderlichen Infrastruktur zur Errichtung einer Lademöglichkeit. Der Anspruch des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG knüpft nämlich an das Recht zum Gebrauch bzw. der Nutzung des vorhandenen Gemeinschaftseigentums an.
Es besteht ein Gebrauchsrecht
Sondernutzungsrecht an Außenstellplatz
Zwar verfügen nicht alle 30 Wohnungseigentümer über einen Tiefgaragenstellplatz, allerdings sind zugunsten der 10 übrigen Wohnungseigentümer jeweils Sondernutzungsrechte an Außenstellplätzen begründet.
Unabhängig von der Frage, ob ggf. im Bereich der gemeinschaftlichen Tiefgarage bereits eine Lademöglichkeit existiert, steht nunmehr auch diesen 10 Wohnungseigentümern der aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG resultierende Anspruch auf Schaffung der erforderlichen Infrastruktur zur Ermöglichung des Ladens von E-Autos zur Verfügung.
- Existiert bereits eine Lademöglichkeit im Bereich der gemeinschaftlichen Tiefgarage, hat jeder der 10 übrigen Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Teilhabe an der vorhandenen Infrastruktur und deren entsprechender Erweiterung, sodass ein Laden im Bereich der Sondernutzungsrechte möglich ist. Infrage kommt hier in erster Linie eine entsprechende Leitungsverlegung unter Errichtung einer Ladesäule.
- Existiert noch keine Lademöglichkeit, kann jeder der 20 Tiefgarageneigentümer sowie jeder einzelne der Sondernutzungsberechtigten eine Ladestation beanspruchen.
Recht des Mitgebrauchs an Gemeinschaftsflächen genügt
Sonstige Gemeinschaftsfläche
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