Alexander C. Blankenstein
Die Kosten und Nutzungen baulicher Veränderungen regelt § 21 WEG. Zunächst und grundsätzlich gilt, dass diejenigen, die die Baumaßnahme beschlossen haben, auch ihre Kosten zu tragen haben und dafür die geschaffene Einrichtung auch ausschließlich nutzen dürfen. Von diesem Grundsatz gibt es 2 praxisrelevante Ausnahmen, die in § 21 Abs. 2 Satz 1 WEG geregelt und mit einer Kostentragungsverpflichtung sämtlicher Wohnungseigentümer verbunden sind:
- Die Baumaßnahme wurde mit mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen beschlossen, die dabei (mehr als) die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, wenn die Maßnahme nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.
- Die Kosten der Baumaßnahme amortisieren sich in einem angemessenen Zeitraum.
4.1 Kostenverteilung unter allen Wohnungseigentümern
4.1.1 Qualifiziert beschlossene Maßnahmen
Wird eine Maßnahme der baulichen Veränderung mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen beschlossen, die dabei (mehr als) die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, werden die Kosten nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG dann unter allen Wohnungseigentümern verteilt, wenn sie nicht unverhältnismäßig sind.
4.1.1.1 Doppelt qualifizierte Mehrheit
Voraussetzung ist zunächst, dass mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen für die Maßnahme stimmen und dabei (mehr als) die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.
In der Literatur ist umstritten, ob mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile erforderlich ist oder "mehr als" die Hälfte der Miteigentumsanteile. Obergerichtliche Rechtsprechung ist zu dieser Thematik soweit ersichtlich noch nicht ergangen.
Erforderliche Mehrheit
Die Wohnanlage besteht aus 10 gleichgroßen Wohnungen, die jeweils 100/1.000 Miteigentumsanteile repräsentieren. In der Eigentümerversammlung sind 6 Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten. 4 von Ihnen stimmen für die Maßnahme. Bereits die abgegebenen Stimmen erreichen nur eine Mehrheit von 2/3 und nicht mehr 2/3 der in der Versammlung anwesenden bzw. vertretenen Wohnungseigentümer dar. Darauf, dass die Zustimmenden auch nicht die Hälfte – oder mehr als die Hälfte – der Miteigentumsanteile repräsentieren, kommt es gar nicht mehr an. Hätten 5 der Wohnungseigentümer für die Maßnahme gestimmt, wären die formellen Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG erfüllt und alle Wohnungseigentümer wären in die Kostenverteilung eingebunden, so man die Auffassung vertritt, mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile seien ausreichend.
Die Abstimmung mit der Kostenfolge des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG folgt nach dem auch ansonsten in der Gemeinschaft geltenden Stimmprinzip. Ist das gesetzliche Kopfprinzip durch Vereinbarung abbedungen und gilt das Objekt- oder Wertprinzip, findet es auch bei der Beschlussfassung über die Maßnahmen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG Anwendung.
Stimmprinzip Miteigentumsanteile
In der aus 10 Wohnungen bestehenden Wohnanlage repräsentieren die Wohnungseigentümer W1 und W2 jeweils 200/1.000 Miteigentumsanteile. Die übrigen 8 Wohnungseigentümer repräsentieren jeweils 75/1.000 Miteigentumsanteile. In der Wohnungseigentümerversammlung sind 5 Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten. Die Baumaßnahme wird mit 4 Stimmen, darunter denjenigen von W1 und W2 beschlossen. Der Beschluss ist mit mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen zustande gekommen. Die Zustimmenden haben auch mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert. Exakt haben sie 550/1.000 Miteigentumsanteile repräsentiert, sodass sich der Meinungsstreit hier nicht auswirkt.
4.1.1.2 Abstimmungsvarianten
Grundsätzlich stellt sich das Problem, dass im Vorfeld der Beschlussfassung nicht vorauszusehen ist, wie viele Wohnungseigentümer für eine Maßnahme der baulichen Veränderung stimmen werden. Dies steht erst dann fest, wenn der Versammlungsleiter das Beschlussergebnis verkündet hat. Hier stellt sich dann das weitere Problem, dass Wohnungseigentümer etwa unter der Voraussetzung zugestimmt haben, dass eine Kostenverteilung unter allen Wohnungseigentümern erfolgen würde, tatsächlich aber nicht mehr als zwei Drittel der Wohnungseigentümer für die Maßnahme gestimmt haben. In solchen Fällen ist zu beachten, dass die Stimmabgabe, soweit sie dem Versammlungsleiter zugegangen ist, entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr widerrufen werden kann. Allerdings unterliegt die Stimmabgabe den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln für Willenserklärungen, also auch denen der Anfechtbarkeit gemäß §§ 119 ff. BGB. Eine wegen Irrtums angefochtene Stimmabgabe muss unverzüglich nach Kenntniserlangung d...