1 Leitsatz
Ein Beschluss, die Kosten einer privilegierten baulichen Veränderung gleichmäßig auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen, entspricht keiner ordnungsmäßigen Verwaltung.
2 Normenkette
§§ 20, 21 WEG
3 Das Problem
In einer Versammlung geht es unter dem TOP "Elektromobilität" um die Ermöglichung von Ladestationen. Die Wohnungseigentümer überlegen, die Verwaltung anzuweisen, die Stadtwerke mit der Planung eines gemeinsamen Lastmanagements und der Schaffung einer Ladeinfrastruktur zu beauftragen, um die derzeit maximal möglichen 10 Anschlüsse für Wallboxen zur Herstellung der Elektromobilität zu installieren. In der Niederschrift ist dann aufgeführt, es gebe 7 Anträge auf Anschlüsse. Weiter heißt es: "Kosten ca. 45.000 EUR, die von den neuen Miteigentümern der zu betreibenden Ladestationen zu gleichen Teilen zu tragen sind". Anschließend erklären sich die Wohnungseigentümer mit folgendem Beschluss einverstanden:
"Da die Gesamtsituation derzeit noch keine "Beschlussreife" bietet, schlägt Herr K. vor, zumindest einen Duldungsbeschluss dergestalt zu fassen, dass sich die Versammlungsteilnehmer vom Grundsatz her damit einverstanden erklären, dass in der Tiefgarage und den Außenstellplätzen eine Energieversorgung der einzelnen Stellplätze mit Ladestationen erfolgen darf. Die Kostenverteilung richtet sich nach dem WEG und ist, wie oben dargestellt, auf alle Nutzer angemessen zu verteilen."
Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K nur in Bezug auf die Verteilung der Kosten vor. Er ist der Ansicht, die Kosten seien nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer meint, die im Beschluss genannte Kostenverteilung entspreche § 21 WEG. Hierbei sei auch auf die Vorschrift des § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG abzustellen. Da die Ladesäulen für die Antragsteller pro Stellplatz errichtet würden, seien die Kosten unabhängig von der Größe des Miteigentumsanteils und der Größe des Stellplatzes, sodass diese Kostenregelung billigem Ermessen entspreche. Der Gebrauch der Ladestation sei auch nur von der Nutzung des Stellplatzes und nicht von der Größe des Miteigentumsanteils abhängig.
4 Die Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat Erfolg! Die Beschränkung auf den zweiten Teil des Beschlusses, also den Umlageschlüssel, sei nicht zu beanstanden. Denn die Beschlussteile könnten getrennt werden. Beim ersten Teil gehe es um die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG. Beim zweiten Teil gehe es hingegen um die Kosten.
Diese Regelung widerspreche § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG. Danach habe jeder Wohnungseigentümer Kosten nach dem Verhältnis seiner Anteile (Miteigentumsanteile) zu tragen. Diese Kostenregelung gelte auch im Rahmen der Kostenverteilung einer baulichen Veränderung i. S. d. § 21 Abs. 1 Satz 1 WEG. Eine Verteilung der Kosten zu gleichen Teilen widerspreche dieser Regelung. B könne sich auch nicht auf § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG berufen. Es sei nicht erkennbar, dass die Wohnungseigentümer überhaupt an eine abweichende Verteilung der Kosten i. S. d. § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG gedacht hätten. Außerdem sei eine Verteilung der Kosten abweichend zum gesetzlichen Regelfall nicht ausdrücklich beschlossen worden. Zwar habe B gute Gründe vorgetragen, warum eine Verteilung der Kosten auf alle Nutzer der Wallboxen zu gleichen Teilen angemessen sei und von der Verteilung der Kosten auf die Nutzer entsprechend ihren Miteigentumsanteilen abgewichen werden könne. Jedoch ergebe sich eine derartige Begründung nicht aus der Niederschrift. Danach wollten die Wohnungseigentümer formal nicht entgegen der gesetzlichen Regelung entscheiden. Die Niederschrift lege nahe, dass die Wohnungseigentümer meinten, eine Kostenverteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz sei eine solche zu gleichen Teilen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall verlangen mehrere Wohnungseigentümer, gestützt auf § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG, dass ihnen angemessene bauliche Veränderungen gestattet werden, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Ist es so, müssen die anderen Wohnungseigentümer nur über die Gestattung beschließen. Denn die Frage, welcher Wohnungseigentümer dann welche Kosten zu tragen hat, bestimmt § 21 WEG. Im Fall ist grundsätzlich dessen Absatz 1 Satz 1 einschlägig. Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet werden, hat danach dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Die Kosten einer privilegierten baulichen Veränderung (hier: Installation eines Lastmanagements und Wallboxen) die mehrere Wohnungseigentümer verlangen, sind entsprechend § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG zu verteilen.
Die Wohnungseigentümer haben allerdings auch die Beschlusskompetenz, nach § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG eine abweichende Verteilung der Kosten zu beschließen.
Der Beschluss im Fall
Den Beschluss, den das AG betrachten musste (bzw. den Beschlussteil, der angegriffen war), lautet wie folgt: "Die Kostenverteilung richtet sich nach dem WEG und ist, wie oben dargestellt, auf alle Nutzer angemessen zu verteilen." Das Wort "oben" bezieht sich auf folgenden Satz: "Kosten ca...