Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Abberufung des bauträgeridentischen Erstverwalters aus wichtigem Grund wegen Verletzung seiner Nebenpflichten bei anfänglichen Baumängeln im Gemeinschaftseigentum
Normenkette
§ 26 Abs. 1 WEG, § 626 BGB
Kommentar
Allein die Tatsache, dass ein bauträgeridentischer bzw. bauträgerverwandter Verwalter zugleich Eigentümer ist und in Interessenkollision steht, reicht für die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Verwalter noch nicht aus, zumal dieser Konflikt den Eigentümern bekannt war. Allerdings war im vorliegenden Fall der Verwalter wegen Personenidentität seines Geschäftsführers mit der Komplementär-GmbH des Bauträgers über Prozesse informiert, die letzterer über Mängel am Gemeinschaftseigentum mit unterbeauftragten Handwerkern geführt hat. Solche Informationen waren auch für Wohnungseigentümer in ihrem Verhältnis zum Bauträger von Interesse, wurden allerdings trotz Aufforderung vom Verwalter an die Eigentümer nicht weitergegeben. Dies wurde vom Landgericht rechtsfehlerfrei als Pflichtverletzung des Verwalters angesehen, die zur sofortigen Abwahl berechtigte.
Auch Gewährleistungsfragen im Verhältnis zwischen Bauträger und beauftragten Handwerkern haben etwas mit der Gewährleistung im Verhältnis zwischen Bauträger und Wohnungseigentümern zu tun, wenn insoweit das Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Hier sind nicht nur die einzelnen Eigentümer aus Verträgen mit dem Bauträger tangiert, sondern auch die gesamte Gemeinschaft (Gemeinschaftsbezogenheit der Gewährleistung), in deren Diensten die Verwaltung steht.
Nachbesserung und Kostenerstattung kann zwar vom einzelnen Eigentümer geltend gemacht werden, ebenso sind hier jedoch auch Mehrheitsbeschlüsse möglich und bei sekundären Gewährleistungsrechten (Minderung, Schadenersatz) sogar grundsätzlich erforderlich (BGH, NJW 81, 1841 und NJW 79, 2207). Die Gemeinschaft kann hier darüber beschließen, ob etwaige Ansprüche von allen Eigentümern oder von entsprechend beauftragten einzelnen Eigentümern, dem Verwalter - soweit er nicht wie hier als mit dem Bauträger identisch anzusehen ist - oder Verwaltungsbeirat verfolgt werden sollen.
Zur Herbeiführung einer Entscheidung der Gemeinschaft, ob und in welcher Form etwaige Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden sollen, treffen den Verwalter Rechtspflichten zur Information und Unterrichtung, Hinweis- und Organisationspflichten (insbesondere zur Vorbereitung einer Eigentümerversammlung) auch dann, wenn die aufgezeigte Interessenkollision besteht. Das Risiko einer möglichen Inanspruchnahme geht jeder Bauträger bewusst ein, wenn er sich oder wie hier eine personenidentische Firma mit der Erstverwaltung beauftragt (Deckert, ETW, Gruppe 6; vgl. auch OLG Schl HA 80, 53).
Der Verwalter hat i. Ü. die Pflicht, von sich aus vertraglichen Informationsnebenpflichten zu entsprechen. In der Nichterfüllung solcher Pflichten konnte das Landgericht zu Recht eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses sehen, die auch in angemessener Frist ( § 626 Abs. 2 BGB analog; vgl. OLG Frankfurt NJW 75, 545) die Abwahl und fristlose Kündigung des Verwaltervertrages rechtfertigte.
Link zur Entscheidung
( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.05.1992, 20 W 177/91= ZMR 8/92, 356)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung