Leitsatz
1. Die in der Bezeichnung eines Sondereigentums in der Teilungserklärung als "Laden" enthaltene Zweckbestimmung umfaßt nicht den Betrieb einer chemischen Reinigung unter Einsatz von Reinigungsmaschinen.
2. Wenn die Wohnungseigentümer eine von der Zweckbestimmung nicht gedeckte Nutzung des Sondereigentums 20 Jahre lang unbeanstandet hingenommen haben, folgt daraus nicht ohne weiteres ihre Verpflichtung, Baumaßnahmen zu dulden, die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Fortführung dieser Nutzung erforderlich werden und mit einer zusätzlichen Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer verbunden sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine nach der Gemeinschaftsordnung zulässige Nutzung ohne solche Maßnahmen möglich ist.
Sachverhalt
Im Erdgeschoß einer Wohnungseigentumsanlage wird eine chemische Reinigung durch die Mieterin des Eigentümers betrieben. Zur Entlüftung dient ein Eternitschacht, der durch die Abstellkammern der darüberliegenden Wohnungen zum Dach führt. Aufgrund der Anschaffung neuer Reinigungsmaschinen gab die zuständige Ordnungsbehörde der Betreiberin auf, für eine den veränderten Anforderungen angepaßte Entlüftung zu sorgen. Demgemäß wollte nun die Betreiberin der Reinigung den Eternitschacht ausbauen und durch ein Edelstahlrohr ersetzen. Die hierzu erbetene Zustimmung wurde von den übrigen Wohnungseigentümern nicht erteilt, da diese erhebliche Beeinträchtigungen und gesundheitliche Risiken wegen etwaigen Austritts von Asbest aufgrund der Baumaßnahmen in ihren Wohnungen befürchteten.
Entscheidung
Das Verhalten der Wohnungseigentümer war rechtmäßig, ein Anspruch auf Durchführung der erforderlichen Baumaßnahmen bestand nicht. Grund: Der geplante Ausbau des Eternitschachts ist eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums und mithin mit Einwirkungen auf das Sondereigentum derjenigen Wohnungseigentümer verbunden, durch deren Abstellräume der Schacht verläuft.
Zu prüfen war jedoch, ob eine derartige Veränderung des Gemeinschaftseigentums nicht ausnahmsweise nach § 14 Nr. 1 bis 3 WEG zu dulden war. In diesem Zusammenhang mußte zunächst geklärt werden, ob der Betrieb der chemischen Reinigung einen zulässigen Gebrauch des Teileigentums darstellte. Dies mußte vorliegende jedoch verneint werden, da betreffende Räume in der Teilungserklärung als "Laden" bezeichnet wurden. Die Zweckbestimmung als Laden umfaßt aber nicht den Betrieb einer chemischen Reinigung unter Einsatz von Reinigungsmaschinen, was im übrigen inzwischen überwiegender Rechtsprechung entspricht.
Weiter enthielt die Teilungserklärung jedoch die Bestimmung, daß die Zustimmung zu einer derartigen Nutzung seitens des Verwalters oder der Wohnungseigentümer nur dann verweigert werden darf, wenn ein wichtiger Grund hierfür vorliegt. Im Hinblick hierauf war natürlich zu berücksichtigen, daß die Reinigung bereits seit Jahren von den Wohnungseigentümern geduldet wurde. Das Gericht stellte jedoch richtigerweise nicht auf den Betrieb der Reinigung ab, der nach einem derartigen Zeitablauf wohl weiter zu dulden wäre, sondern darauf, daß es hier letztlich um Baumaßnahmen ging, die demgegenüber von den Eigentümern nicht zu dulden sind.
Eine derartige Duldungspflicht besteht nur dann, wenn Maßnahmen für eine nach der Gemeinschaftsordnung zulässige oder von den Wohnungseigentümern genehmigte Nutzung erforderlich werden. Diese Grundsätze können indes nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall bloßer Duldung einer entsprechenden Nutzung übertragen werden. Zu berücksichtigen ist nämlich insbesondere, ob ohne die Durchführung der entsprechenden Maßnahme eine der Gemeinschaftsordnung entsprechende Nutzung möglich wäre, was hier natürlich zu bejahen wäre, da ein normaler Ladenbetrieb keiner derartigen Entlüftung bedarf.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 31.07.1997, 2Z BR 34/97
Fazit:
Grundlage dieser Entscheidung war ein entsprechender Antrag des betreffenden Teileigentümers, der sich mietvertraglich langjährig an die Betreiberin gebunden hatte und nunmehr Schadensersatzansprüche befürchtete. Dieser Umstand konnte indes nicht berücksichtigt werden, da es schließlich im Risikobereich eines jeden Teileigentümers liegt, ob die Vermietung des Teileigentums mit der Gemeinschaftsordnung vereinbar ist.
Zu berücksichtigen war in dieser Entscheidung weiter die Tatsache, daß die Ordnungsbehörden mehrere Alternativen boten, eine rechtmäßige Nutzung der Reinigungsmaschinen herbeizuführen. Außer dem streitigen Schachtausbau wären auch Maßnahmen in Frage gekommen, die die Wohnungseigentümer weit weniger belastet hätten und so etwa zu einer weiteren Duldung durch diese geführt hätten.