Diese weitere Grundsatzentscheidung des BGH (im Anschluss an die ebenfalls wichtige Entscheidung vom 10. 10. 1985 ( BGH, Entscheidung v. 10.10.1985, VII ZR 325/85) zur Unzulässigkeit der Teilbezugnahme auf § 13 VOB/B) befasst sich wiederum mit der rechtlichen Natur des Bauträgervertrages, der im BGB als eigener, spezieller Schuldrechtstyp nicht gesetzlich geregelt ist. Der BGH spricht nunmehr in dieser neuen Entscheidung erstmals beim Bauträgervertrag von einem "Vertrag eigener Art", der allerdings aufgrund der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten in mannigfaltigen Erscheinungen auftreten kann.
Im Anschluss an die bisher ständige Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des BGH wird nochmals klargestellt, dass es sich beim Bauträgervertrag (einschlägig auch im Eigentumswohnungsbau) um einen einheitlichen Vertrag handelt, der nicht ausschließlich als Werklieferungsvertrag zu behandeln ist. Neben werk- und werklieferungsvertraglichen Elementen enthält der Bauträgervertrag auch solche des Kaufvertragsrechts, u. U. auch Bestandteile aus dem Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht.
Ist also der Bauträgervertrag als einheitlicher Vertragstyp sui generis anzusehen, kann eine Vertragskündigung nach § 649 BGB nicht allein auf den werkvertraglichen Teil des Bauträgervertrags beschränkt und gleichzeitig die Auflassung des Grundstücksteils und Herausgabe in Erfüllung des kaufrechtlichen Teils des Vertrages gefordert werden. Ein Kündigungsrecht nach § 649 BGB scheidet damit gegenüber einem vertragstreuen Bauträger aus. Die Vertragseinheit zeigt sich auch daraus, dass sich der Bauträger von Anfang an zur Erbringung einer Gesamtleistung verpflichtet. Grundstücksveräußerung und Bauwerkserrichtung sind für ihn in der Regel aus kalkulatorischen und bautechnischen Gründen untrennbar. Beide Vertragsteile sollen miteinander "stehen oder fallen".
Allerdings soll dann eine Ausnahme hinsichtlich der einheitlichen Abwicklung eines Bauträgervertrags bestehen, wenn der Bauträger dem Erwerber einen wichtigen Grund zur Kündigung der Bauleistung gibt. Dann kann es geboten sein, dem Erwerber sowohl das Recht zur Kündigung zu gewähren als auch den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks (bzw. des Miteigentumsanteils daran) zu belassen. Auch im Falle des steckengebliebenen Baus, z. B. beim Konkurs des Bauträgers besteht über § 24 Satz 2 Konkursordnung die Pflicht des Konkursverwalters, dem Erwerber das Eigentum am Grundstück zu übertragen, wenn er es nach § 17 KO ablehnt, den Vertrag zu erfüllen. In diesem Ausnahmefall wird also ebenfalls kraft gesetzlicher Regelung das Bauträger-Vertragsverhältnis aufgesplittet. Wann ein Erwerber aus wichtigem Grund einen Bauträgervertrag kündigen kann (unter Beibehaltung seines Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks), hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, die überwiegend vom Tatrichter zu entscheiden sind.
Interessant ist noch eine Begründungs-Passage mit einem Hinweis zur VOB-Bezugnahme im Bauträgervertrag, da m. E. bereits aus der BGH-Entscheidung vom 10.10.1985 ( BGH, Entscheidung v. 10.10.1985, VII ZR 325/85) in der Praxis mittlerweile falsche Schlüsse gezogen werden. Der BGH hat dort ausgeführt, dass eine Gewährleistungsregelung nach VOB/B nur dann zulässig sei, wenn die gesamte VOB/B Vertragsgrundlage wäre. In diesem Fall müsste jedoch die gesamte VOB ohne ins Gewicht fallende Einschränkungen übernommen werden. Mir scheint sogar eine Gesamtbezugnahme auf die VOB/B im Bauträgervertrag zumindest nicht sachgerecht. Dennoch gehen in jüngster Zeit Bauträger mehr und mehr dazu über, die gesamte VOB/B in den Erwerbsverträgen mitbeurkunden zu lassen. In die Richtung auch einer Unzulässigkeit einer Gesamtbezugnahme könnte durchaus einmal die weitere Rechtsprechung des BGH gehen [ging sie auch]; Ansätze finden sich bereits in der hier besprochenen neuen Entscheidung des BGH durch folgende Formulierung:
"Demgemäß hat der Senat schon - wenn auch mehr beiläufig - erwähnt, bei Bauträgerverträgen sei zumindest zu vermuten, dass verschiedene Bestimmungen der VOB/B (auch wenn deren Geltung uneingeschränkt "vereinbart" worden ist) ausgeschlossen sein sollten (NJW 1983, 453, 454)".
Würdigt man das Entscheidungsergebnis dieser Entscheidung zum Kündigungsausschluss nach § 649 BGB, so wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch ein ordentliches Kündigungsrecht des Erwerbers (als Auftraggeber) nach § 8 Nr. 1 VOB/B nicht anerkannt werden. Darauf sollten sich Bauträger und Notare bereits heute einstellen; auch diverse andere Bestimmungen der VOB/B passen einfach meiner Meinung nach nicht auf den Bauträgererwerbsvertrag als Vertrag sui gen...