Normenkette
VwGO § 166; ZPO § 114 S. 1; SGB VIII § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; SGB X § 25 Abs. 3
Verfahrensgang
VG Augsburg (Beschluss vom 02.06.2010; Aktenzeichen Au 3 K 09.1571) |
Tenor
I. Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juni 2010 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben (§ 146 Abs. 1, § 147 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat ihr nicht abgeholfen (§ 148 Abs. 1 VwGO).
Rz. 2
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die bereits erhobene Klage, mit der der Kläger begehrt, ihm “vollständige” Akteneinsicht in beim Kreisjugendamt des Beklagten geführte Akten, die ihn und seine Tochter betreffen, zu gewähren, zu Recht versagt, weil diese Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO, § 114 Satz 1 ZPO).
Rz. 3
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) i.V.m. § 25 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) der vom Kläger begehrten Einsicht in weitere Akten(teile) des Jugendamtes entgegensteht. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug und sieht insoweit von einer Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Rz. 4
Im Hinblick auf die Beschwerde ist ergänzend Folgendes auszuführen:
Rz. 5
Der Kläger meint, es sei Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil eine Beweisaufnahme “ernsthaft” in Betracht komme. Das wird damit begründet, das Verwaltungsgericht habe den Beklagten zur Stellungnahme aufgefordert und seinen Vortrag “einer Bewertung unterzogen”. Das stellt ersichtlich schon deshalb keine Beweisaufnahme dar, weil lediglich dem Beklagten rechtliches Gehör gewährt wurde. Auch hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage denknotwendig eine Wertung des klägerischen Vorbringens vorzunehmen.
Rz. 6
Soweit der Kläger meint, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau habe die E-Mails an das Jugendamt geschickt, um ihn “wider besseres Wissen zu schädigen, verleumden und verächtlich zu machen”, ist das nicht entscheidungserheblich, weil es die durch § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII bestehende Sperrwirkung nicht beseitigt. Es mangelt an der erforderlichen Zustimmung der Ehefrau. Informationen im Rahmen der Mitwirkung des Jugendamtes in gerichtlichen Verfahren fallen ebenfalls unter die Sperrwirkung (vgl. Mörsberger in Wiesner, SGB VIII, 3. Auflage 2006, § 65 RdNr. 11; Kunkel in LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 65 RdNr. 7). Das besondere Weitergabeverbot des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII überlagert für seinen Regelungsbereich die allgemeinen Regelungen über die Akteneinsicht und den Schutz bzw. die Weitergabe von Sozialdaten u.a. aus § 25 SGB X (vgl. OVG Münster vom 26.3.2008 JAmt 2008, 389). Nach den allgemeinen Regeln des Sozialdatenschutzes darf eine Weitergabe von Daten (im Wege der Akteneinsicht) zwar nur nach einer Güterabwägung erfolgen. Zu prüfen ist dabei, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Information an die Behörde wider besseres Wissen und in Schädigungsabsicht erfolgt ist (vgl. BVerwG vom 4.9.2003 NJW 2004, 1543/1544). Demgegenüber sind anvertraute Daten im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII – wie hier – aber unabhängig davon geheim zu halten, ob die Information wider besseres Wissen in Schädigungsabsicht erfolgt ist (vgl. VG Oldenburg vom 14.12.2009 JAmt 2010, 152).
Rz. 7
Da es mithin bereits der hinreichenden Erfolgsaussicht dieser Klage fehlt, kommt es auf die Mutwilligkeit und auf die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht mehr an. Die Beiordnung eines Bevollmächtigten nach § 121 Abs. 2 ZPO kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.
Rz. 8
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 VwGO, wobei nach § 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO im Prozesskostenhilfeverfahren die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet werden.
Rz. 9
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Unterschriften
Adolph, Wünschmann, Emmert
Fundstellen