rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schulgeld für private Realschule. Legasthenie. selbstbeschaffte Hilfe. Teilhabebeeinträchtigung

 

Normenkette

VwGO § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 4-5; SGB VIII § 35a Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, § 36a Abs. 3 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

VG München (Urteil vom 18.03.2009; Aktenzeichen M 18 K 08.1026)

 

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Tatbestand

Rz. 1

 1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 18. März 2009 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 124a Abs. 4 VwGO).

Rz. 2

 Er ist aber unbegründet, weil die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, der Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und des Vorliegens von Verfahrensfehlern, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), nicht hinreichend dargelegt sind oder aber nicht greifen.

Rz. 3

 1.1 Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Rz. 4

 Solche ernstlichen Zweifel bestehen etwa dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG vom 26.3.2007 BayVBl 2007, 624 und vom 23.6.2000 NVwZ 2000, 1363) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (so BVerwG vom 10.3.2004 DVBl 2004, 838). Das ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb der Begründungsfrist für den Zulassungsantrag dargelegt hat (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Rz. 5

 Die Klägerin meint, solche ernstlichen Zweifel lägen vor, weil die Feststellungen des Beklagten und auch des Verwaltungsgerichts zur Frage der Beeinträchtigung ihrer Teilnahme im Leben in der Gesellschaft unrichtig, jedenfalls aber unvollständig seien. Das ärztliche Gutachten des Dr. M… vom 29. Juni 2007, das die “konkrete Gefahr einer Teilhabebeeinträchtigung” belege, sei unberücksichtigt geblieben. Auch habe eine Einbeziehung der Klägerin bzw. ihrer gesetzlichen Vertreter nicht stattgefunden, insbesondere habe der Beklagte ein persönliches Gespräch mit den Eltern abgelehnt. Die die Klägerin langjährig behandelnde Ergotherapeutin und die Logopädin seien trotz entsprechender Anregung nicht befragt worden; auf deren Stellungnahmen werde verwiesen.

Rz. 6

 Diese Ausführungen sind aber nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernstlich in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Rz. 7

 1.1.1 Die Klägerin kann vom Beklagten eine Übernahme der Kosten für den Besuch der privaten P…-Realschule inklusive Nachmittagsunterricht in den Schuljahren 2007/2008 und 2008/2009 nicht beanspruchen. Allein dieses Begehren ist Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens, weil die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren ausschließlich diese konkrete Hilfe beantragt hatte und – unabhängig davon – weil sich die Klägerin die Hilfe selbst beschafft hat.

Rz. 8

 Wird eine Hilfe, ohne dass sie der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bewilligt hat, selbst beschafft, so ist er, soweit hier von Belang, nach § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) nur dann zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen verpflichtet, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (vgl. BayVGH vom 20.10.2010 Az. 12 BV 09.2956). Das war hier für die gesamten in Streit stehenden Zeiträume nicht der Fall.

Rz. 9

 1.1.2 Kinder oder Jugendliche haben nach § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr. 1) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2). Die Art der Hilfeleistungen richtet sich gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII unter anderem nach § 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen, wobei allerdings die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben.

Rz. 10

 Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist hier die Sach- und Rechtslage im gesamten Regelungszeitraum, weil Beklagter und Widerspruchsbehörde die Kostenübernahme über den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung hinaus für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum angelehnt haben (vgl. BVerwG vom 31.8.1995 NJW 1996, 2588; BayVG...

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