Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfallrecht. ehemalige Bauschuttdeponie. Untersuchung auf Altlast. Verhältnis von Abfall- und Bodenschutzrecht. Sanierungsverantwortung. Inhaber der Deponie. abfallrechtlicher/bodenschutzrechtlicher Anordnung (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO). Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16. September 2002
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Sanierungsverantwortung bei einer stillgelegten Deponie.
2. Hatten bei einer stillgelegten Deponie Grundstückseigentümer und Hauptnutzer ihre Rechtsbeziehungen so unklar gestaltet, dass die Inhaberschaft nicht eindeutig war, so ist im Zweifel von Mitinhaberschaft und nicht von einer Deponie ohne Inhaber auszugehen.
Normenkette
KrW-/AbfG § 36 Abs. 2 S. 2; BBodSchG §§ 4, 9
Verfahrensgang
VG Bayreuth (Beschluss vom 16.09.2002; Aktenzeichen 2 S 02.627) |
Tenor
I. Der Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16. September 2002 wird geändert. Der Antrag wird in vollem Umfang abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Unter Änderung des Beschlusses des Bayer. Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16. September 2002 wird der Streitwert für jeden Rechtszug auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Verantwortlichkeit für die Sanierung einer Altlast auf dem Grundstück Fl.Nr. 2035 der Gemarkung O.. Das Grundstück gehörte früher Herrn R. H., der inzwischen von Frau M. H. und Frau C. H. beerbt wurde.
Mit Bescheid vom 28. November 1972 hatte das Landratsamt Bamberg (Landratsamt) der Ehefrau des Voreigentümers, Frau E. H., einen Sandabbau auf dem Grundstück genehmigt. In Nr. 33 der Nebenbestimmungen war ausgeführt, dass es bereits Ablagerungen in der erst zum Teil ausgebeuteten Grube gebe und daher besonders darauf hingewiesen werde, dass die Grube nicht als Müllplatz verwendet werden dürfe. In Nr. 43 der Nebenbestimmung war festgelegt, dass die Grube innerhalb von drei Jahren nach Beendigung der Sandausbeute wieder aufzuforsten und zu rekultivieren sei.
In einem Aktenvermerk des Landratsamts vom 6. Februar 1991 ist festgehalten, dass auf dem eingezäunten und mit einem Tor verschlossenen Grundstück, das bereits u.a. mit Bauschutt aufgefüllt und einplaniert worden sei, in einer weiteren Schicht Bauschutt und pflanzliche Abfälle abgelagert seien. Bei den Ablagerungen gebe es auch Sperrmüllanteile und einzelne Ölbehälter. Eine Nachfrage bei der Gemeinde habe ergeben, dass das Bauunternehmen R. das Grundstück als Ablagerungsplatz benutze. Es werde davon ausgegangen, dass die Auffüllung bereits beendet sein und keine weiteren Ablagerungen mehr erfolgen sollten.
Im Anschluss hieran untersuchte das Landratsamt die Vorgeschichte der Ablagerungen. Die jetzigen Eigentümer erklärten, über die Umstände der Auffüllung der Sandgrube wüssten sie nichts, schriftliche Hinweise hierüber seien im Nachlaß von Herrn R. H. nicht vorhanden. Der Antragsteller, der die Firma V. R. 1976 als Erbe von seinem Vater V. R. übernommen hatte, erklärte, zwischen seinem verstorbenen Vater und Herrn H. habe nur ein mündlicher Pachtvertrag bestanden. Die Auffüllungen, über deren Beginn und Ende er nichts sagen könnte, kenne er nur aus Erzählungen seines Vaters, da er selbst seinerzeit außerbetrieblich beschäftigt gewesen sei. Danach und nach einer Rücksprache mit seinem Baggerfahrer sei nur Bodenaushub und Bauschutt abgelagert worden. Auf dem früher frei zugänglichen Grundstück habe es auch Ablagerungen durch weitere nicht näher bekannte Firmen gegeben. Ein Herr F. P., Wärter der damals etwa zeitgleich betriebenen ehemaligen gemeindlichen Bauschuttdeponie, gab auf Fragen des Landratsamts an: Nach Angaben eines bereits verstorbenen Bürgermeisters seien die Auffüllungen von der Firma R. vorgenommen worden. Es solle sich nicht nur um Bodenaushub und Bauschutt, sondern auch um Sperrmüll (alte Möbel) sowie teils wild abgelagerten sonstigen Müll gehandelt haben. Im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der gemeindlichen Bauschuttdeponie (1982) habe daher ein anderer, ebenfalls bereits verstorbener Bürgermeister veranlasst, dass von der Firma R. die heute noch vorhandene Einzäunung angebracht wurde. Zumindest ab diesem Zeitpunkt könnten Ablagerungen nur von dieser Firma selbst oder in deren Auftrag vorgenommen worden sein.
Das Wasserwirtschaftsamt Bamberg (Wasserwirtschaftsamt) teilte unter dem 4. Oktober 1999 mit, dass bei einer unterstromigen Grundwassermessstelle eine deutlich erhöhte Konzentration von Mineralölkohlenwasserstoffen festgestellt worden sei. Nach Schürfentnahmen auf dem streitigen Grundstück im Oktober 2000 teilte das Wasserwirtschaftsamt weiter mit, bei einem Schurf überschritten die PAK-Gehalte den Stufe – 2-Wert deutlich. Bei einem weiteren Schurf seien Ölschlieren erkennbar gewesen. Außerdem sei Ölgeruch wahrgenommen worden. Auch im Kontaktgrundwasser seien erhöhte PAK-Gehalte gefunden worden. Es handle sich wahrscheinlich um gealtertes Teeröl. Auch andere...