Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstpostenbesetzung. Freihaltung des Dienstpostens eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht. Sozialkompetenz als Auswahlkriterium. Regelbeurteilung: Anlassbeurteilung. Antragsbeurteilung. aktuelle Beurteilung liegt zweieinhalb Jahre zurück. Stellenbesetzung (Anträge nach § 123 VwGO). Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. Dezember 2003 Az. RN 1 E 03.2556
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Zulässigkeit von Binnendifferenzierungen bei der Zuerkennung der Verwendungseignung eines dienstlich beurteilten Richters.
2. Zum Spannungsverhältnis zwischen der Vergabe eines Gesamtpunktewerts von 13 Punkten (von möglichen 16) und der Zuerkennung der Verwendungseignung zum Vorsitzenden Richter einerseits und der nur in der Auswahlentscheidung erfolgten Attestierung erheblicher Mängel bei der Sozialkompetenz andererseits.
3. Wenn 40 % der Richter eines Gerichts (R1) die beste an diesem Gericht vergebene Punktezahl (13) erhalten haben, kann der erste Anschein dagegen sprechen, dass die gleichförmigen Beurteilungen das Ergebnis einer mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbaren, differenzierte Maßstäbe anwendenden Beurteilungspraxis sind.
4. Wird nach der Überprüfung der Richterbeurteilungen der an einem Gericht angewandte, im Vergleich zu den anderen Gerichten zu milde Maßstab beibehalten, führt das zur Fehlerhaftigkeit dieser Beurteilungen.
Normenkette
VwGO § 123
Verfahrensgang
VG Regensburg (Beschluss vom 23.12.2003; Aktenzeichen 1 E 03.2556) |
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2003 für beide Rechtszüge auf 4.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Das Begehren des Antragstellers – ASt. – ist darauf gerichtet, sich die Möglichkeit der von ihm angestrebten Beförderung von seinem bisherigen Dienstposten als beisitzender Richter beim Verwaltungsgericht (R 1) auf einen der beiden angestrebten Dienstposten der in der Bayerischen Staatszeitung Nr. 27 vom 4. Juli 2003 ausgeschriebenen Stellen eines Vorsitzenden Richters / einer Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgericht (R 2) offen zu halten, die der Antragsgegner mit den Beigeladenen, wie der Antragsteller derzeit beisitzende Richter bei diesem Verwaltungsgericht, besetzen möchte. Wegen der näheren Umstände und der in der 1. Instanz gestellten Anträge wird zunächst auf die Darstellungen unter der Ziff. I der Gründe des angefochtenen Beschlusses hingewiesen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 23. Dezember 2003 dem Antragsgegner bis zum Abschluss eines erneuten Auswahlverfahrens untersagt, die beiden ausgeschriebenen Stellen endgültig zu besetzen. Hinsichtlich der Entscheidungsgründe wird auf die Ziff. II der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Gegen den Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit dem Antrag, den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und den Antrag des ASt. abzulehnen.
Die Landesanwaltschaft Bayern – LAB – stellt in der Beschwerdebegründung eingangs klar, dass sie im Einvernehmen mit dem hierfür zuständigen Bayerischen Staatsministerium des Innern – StMI – ausdrücklich dessen maßgebliche Erwägungen vortrage, soweit es zur Begründung der Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen im Rahmen eines Ermessens- oder Beurteilungsspielraums auf die Meinungsbildung der stellenbesetzenden Behörde ankomme.
Einen Anordnungsanspruch des Antragstellers stellt der Antragsgegner im Wesentlichen mit folgenden Argumenten in Abrede:
Die Beurteilungen des ASt. und der Beigeladenen seien insoweit gleichwertig, als sie ein Zeugnis über die in der Vergangenheit erbrachten Leistungen der Bewerber als beisitzende Richter darstellten, nicht gleichwertig dagegen insoweit, als sich daraus direkt oder indirekt auch eine Prognose über die Eignung für eine Vorsitzendenstelle ableiten lasse. Zwischen „Gesamturteil” und „Verwendungseignung” sei zu trennen, es gebe keine fixe Kausalbeziehung zwischen den beiden Bewertungen.
Zum Gesichtspunkt „Leistungsvergleich” führt der Antragsgegner aus: In der letzten dienstlichen Beurteilung seien alle drei Bewerber mit jeweils 13 Punkten beurteilt worden (Beigeladener – Beigel. – zu 1): periodische Beurteilung vom 17.04.01; Beigel. zu 2): Antragsbeurteilung vom 27.08.01; ASt.: Anlassbeurteilung vom 29.07.03 in der geänderten Fassung vom 09.09.03). Da alle Beurteilungen korrekterweise auf die individuellen Persönlichkeitsmerkmale eingingen, seien sie in der wörtlichen Darstellung unterschiedlich und nicht schematisch. Insbesondere seien keine (standardisierten) Beschreibungshilfen (früherer Art) verwendet worden. In allen Fällen der Verfahrensbeteiligten ergebe sich aber – unter Einbeziehung aller Facetten – das eindeutige Gesamturteil von 13 Punkten. Die Leistungen, die die Bewerber als beisitzende Richter am V...