Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentlich-rechtliche Störerauswahl. Ermessen. zivilrechtlicher Innenausgleich. bodenschutzrechtlicher Anordnung(Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO). Antrag der Antragstellerin auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschlussdes Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. Juni 2000

 

Leitsatz (amtlich)

Sachgerechte behördliche Ermessensausübung beim Zugriff auf eine Störermehrheit erfordert nicht, dass die Behörde sich dabei an den zivilrechtlichen Regelungen des internen Ausgleichs innerhalb der Störermehrheit orientiert.

 

Normenkette

BBodSchG § 4 Abs. 3, § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1; VwGO § 80 Abs. 5

 

Verfahrensgang

VG Ansbach (Entscheidung vom 05.06.2000; Aktenzeichen 13 S 00.605)

 

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 100.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Anordnung sofortiger Vollziehung eines bodenschutzrechtlichen Bescheids der Antragsgegnerin vom 29. März 2000. Die Antragstellerin war unter ihrem früheren Namen D. GmbH & Co. KG von 1967 bis 1996 Betreiberin des Autohofs T. (… in Erlangen) und Eigentümerin des Betriebsgrundstücks (FlNr. 176 der Gemarkung T.). Im Zusammenhang mit dem Betrieb kam es in dem genannten Zeitraum zu schädlichen Bodenveränderungen durch Mineralölabsickerungen. Die Antragstellerin nahm anhand mehrerer hydrogeologischer Gutachten eine Boden- und Grundwassersanierung in Angriff, führte diese allerdings nicht zu Ende. Aufgrund notariellen Vertrags vom 28. Juni 1996 wurden der Betrieb und das Grundstück von der Antragstellerin auf die R. AG für Mineralöl und Chemie und von dieser auf die D. AG übertragen; gemäß Teil I § 4 Abs. 1 des Vertrags erfolgte die Grundstücksübertragung, vorbehaltlich einer besonderen Regelung in § 4 Abs. 2 zur Altlastenfreistellung, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung. Im Blick auf die Befristung ihrer Freistellungsverpflichtung bis 31. Dezember 1998 in § 4 Abs. 2 Buchst. e des Vertrags beendete die Antragstellerin ihre Sanierungsbemühungen zu diesem Zeitpunkt und verwies auf eine aus ihrer Sicht von da an bestehende Verantwortlichkeit der D. AG. Da diese sich hierzu jedoch passiv verhielt, erließ die Antragsgegnerin den Bescheid vom 29. März 2000. Unter Anordnung sofortiger Vollziehung verpflichtete sie die Antragstellerin, die Untersuchung und Sanierung der Untergrundverunreinigungen des in Rede stehenden Grundstücks nach bestimmten Maßgaben unverzüglich wieder aufzunehmen und zügig zum Abschluss zu bringen; die D. AG als Eigentümerin wurde zur Duldung verpflichtet. Der Bescheid stützt sich rechtlich auf § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1 BBodSchG, fachlich auf die vorliegenden Gutachten; freiwillige Maßnahmen seien weder von der Antragstellerin noch von der D. AG zu erwarten; beide Unternehmen seien gleichermaßen leistungsfähig; für die Heranziehung der Antragstellerin spreche, dass sie Handlungsstörerin sei (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG) und von der gefahrverursachenden Tätigkeit wirtschaftlich profitiert habe; privatrechtliche Vereinbarungen innerhalb einer Störermehrheit seien für die verwaltungsrechtliche Adressatenauswahl nicht bindend. Die Antragstellerin erhob Widerspruch gegen den Bescheid und rügte insbesondere fehlerhafte Störerauswahl. Beim Verwaltungsgericht beantragte sie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Dieses lehnte den Antrag mit Beschluss vom 5. Juni 2000 ab. Rechtsfehler des Bescheids, auch bei der Störerauswahl, seien nicht erkennbar.

Die Antragstellerin erstrebt die Zulassung der Beschwerde wegen Unrichtigkeit des angegriffenen Beschlusses und grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Antragsgegnerin und Verwaltungsgericht hätten der Zivilrechtslage nicht das gebührende Gewicht beigemessen; wegen des Ausschlusses jeglicher Gewährleistung in Teil I § 4 Abs. 1 des Vertrags vom 28. Juni 1996 und angesichts des Nichtvorliegens der Voraussetzungen einer Verpflichtung nach dessen § 4 Abs. 2 sei das Ermessen der Antragsgegnerin bei der Störerauswahl in der Weise reduziert, dass die Antragstellerin auch öffentlich-rechtlich nicht mehr in Anspruch genommen werden dürfe, eine entsprechende Anordnung vielmehr an die D. AG als nunmehr Letztverantwortliche zu richten sei.

Die Antragsgegnerin tritt dem Zulassungsantrag entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Für eine Zulassung der Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn.1, 3 VwGO kein Raum. Das von der Antragstellerin ins Feld geführte Thema der Präjudizialität der Zivilrechtslage für eine ermessensfehlerfreie Störerauswahl rechtfertigt eine Zulassung der Beschwerde nicht. Weder bestehen insofern die von der Antragstellerin sinngemäß geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses noch kann unter dem genannten Aspekt von einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinn der Zulassungsbestimmungen ausgegangen werden.

Die Richtigkeit des Standpunkts...

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