Entscheidungsstichwort (Thema)
Belästigung durch eine Feueralarmsirene. Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. März 1982
Verfahrensgang
VG Augsburg (Urteil vom 16.03.1982; Aktenzeichen 1 K 80. A.1061) |
Tenor
I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. März 1982 wird abgeändert.
II.
- Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Auslagen für Einbau und Unterhaltsmehrbedarf von Schallschutzfenstern zu erstatten, die die durch den Betrieb der benachbarten Feueralarmsirene der Beklagten hervorgerufenen Spitzengeräuschpegel im Innern der Aufenthaltsräume des Wohnhauses in … … auf 73 dB (A) reduzieren.
- Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, dem Verwaltungsgerichtshof und dem Bundesverwaltungsgericht haben der Kläger jeweils zu zwei Dritteln und die Beklagte jeweils zu einem Drittel zu tragen.
IV. Das Urteil ist in den Ziffern II. 1. und III. vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann der jeweilige Vollstreckungsschuldner durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wehrt sich gegen die Geräuschentwicklung einer Feueralarmsirene, die auf dem Dach eines Feuerwehrgerätehauses der Beklagten in ca. 15 m Entfernung von der nächstgelegenen Seite seines Wohnhauses angebracht worden ist.
1. Der Kläger ist zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer des im Urteilstenor genannten Grundstücks im Gebiet der Beklagten. Diese ließ im Oktober 1979 auf das erwähnte, in südwestlicher Richtung jenseits eines kleines Baches liegende Feuerwehrhaus eine Alarmsirene vom Typ E 57 aufsetzen. Bald darauf wandte sich der Kläger an die Beklagte mit dem Begehren, die Sirene abzumontieren oder dauernd abzuschalten, weil der Geräuschpegel in seinem dem Feuerwehrhaus zugewandten Wohnzimmer, Kinderzimmer und Schlafzimmer unerträglich hoch sei und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei ihm und seinen Familienangehörigen führe.
Nachdem die Beklagte dieses Ersuchen unter Hinweis auf den öffentlichen Alarmierungszweck der Sirene, auf die seltene Auslösung eines Alarms und auf nur begrenzte Abhilfemöglichkeiten abgelehnt hatte, erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht. Dieses wies die Klage mit Urteil vom 16. März 1982 ab. Daraufhin legte der Kläger Berufung ein; er verfolgte das Ziel, die Beklagte zur Stillegung der betreffenden Sirene oder zu anderen geeigneten Maßnahmen zu verpflichten, um die Beschallung seines Grundstücks auf eine zumutbare Lautstärke zu reduzieren; darüber hinaus sollte die Beklagte den Betrieb der Sirene einschränken und die Kosten für die Lärmschutzfenster beim Kläger übernehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof wies die Berufung (Az. 4 B 82 A. 1155) nach Einholung von Sachverständigengutachten des Bayerischen Landesamts für Brand- und Katastrophenschutz und des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz mit Urteil vom 2. Juli 1986 (BayVBl 1986, 690) zurück. Zur Begründung führte er aus, der Lärm der Sirene – den der Kläger (unwiderlegt) für die dem Feuerwehrhaus zugewandte Seite seines Wohnhauses mit 110 dB (A) vor den Fenstern des Obergeschosses und mit 108 dB (A) vor den Fenstern des Erdgeschosses angegeben habe – erreiche nicht die Grenze der Gesundheitsschädigung und sei dem Kläger auch wegen der nur seltenen Auslösung des Ernstfall-Alarms und der Voraussehbarkeit des zu festgelegten, allgemein bekannten Zeiten stattfindenden Probealarms zumutbar. Die Situierung der Sirene auf dem Feuerwehrgerätehaus entspreche den für die Sirenenaufstellung geltenden Grundsätzen und Erfahrungen.
2. Mit der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Mit Urteil vom 28. April 1988 (BVerwGE 79, 254) hob das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Juli 1986 auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an ihn zurück. Es seien konkrete Ermittlungen dazu veranlaßt, ob der Sirenenlärm für den Kläger eine erhebliche Belästigung darstelle und, wenn ja, ob eine Herabsetzung des Lärms unter die Zumutbarkeitsgrenze ohne Beeinträchtigung der Alarmfunktion der Sirene möglich und der dafür erforderliche Aufwand im Verhältnis zu diesem Schutzzweck angemessen sei.
3. Der Verwaltungsgerichtshof erhob nach der Zurückverweisung der Sache (Az. 4 B 88.1782) Beweis zur Situierung der streitgegenständlichen Feueralarmsirene durch Einnahme eines Augenscheins, zu den Auswirkungen des Sirenenbetriebs und zu seiner Zumutbarkeit für den Kläger durch ein ergänzendes Gutachten des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz sowie zu den Möglichkeiten einer Herabsetzung des auf das klägerische Anwesen einwirkenden Sirenengeräuschs ohne Beeinträchtigung der Alarmfunktion der Sirene durch ein ergänzendes Gutachten des Bayerischen Landesam...