Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgreiche Nachbarklage gegen einen Bolzplatz, der auch von Erwachsenen zum Fußballspiel benutzt wird, auf einer für Ballspiele und Bahnspiele ohne Lärmschutzvorkehrungen festgesetzten öffentlichen Grünfläche
Orientierungssatz
1. Setzt der Bebauungsplan eine Grünfläche fest, auf der nach den in der zeichnerischen Darstellung des Planes verwendeten Zeichen Ballspiele und Bahnspiele erlaubt sind, und ist das Zeichen für Bolzplatz nicht eingetragen, ist normativ durch den Bebauungsplan festgelegt, daß auf der Grünfläche allgemeine Ballspiele zulässig sind, nicht jedoch das für einen Bolzplatz typische Fußballspiel.
2. Grundsätzlich ist die Festsetzung eines Bolzplatzes in einem reinen Wohngebiet nicht ausgeschlossen. Setzt der Bebauungsplan - wie vorliegend - aber als Abgrenzung zwischen den nachbarlichen Anwesen und der Grünfläche Mostbirkenbäume fest, die nicht gegen Spiellärm schützen, dann muß er dahingehend ausgelegt werden, daß nur wohngebietsverträgliches allgemeines Ballspiel erlaubt ist, nicht aber lärmintensives Fußballspiel.
Normenkette
BGB §§ 906, 1004; BImSchG § 3 Abs. 1-2, 5 Nr. 1, § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
VG München (Urteil vom 22.10.1990; Aktenzeichen 8 K 88.1378) |
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger wünschen Veränderungen an einem benachbarten Bolzplatz, durch dessen Lärm sie sich gestört fühlen.
Die Beklagte setzte am 20. Dezember 1982 den Bebauungsplan Nr. 1394 für den Bereich Apenrader Straße, Aaröstraße, Glücksburger Straße und Flensburger Straße (Teiländerung des Bebauungsplans Nr. 1101) im Stadteil J. in Kraft. Der Plan sieht im Geviert zwischen der Kardinal-Wendel-Straße, der Josef-Thalhammer-Straße und der Straße „Am Eschbichl” ein reines Wohngebiet vor. Ihm liegt südöstlich gegenüber eine öffentliche Grünfläche, eingerahmt von der Straße „Am Eschbichl” und der Josef-Thalhammer-Straße. In der Darstellung der Grünfläche im Bebauungsplan finden sich die Zeichen „Ballspiele” und „Bahnspiele”. Der Grünstrukturplan zum Bebauungsplan Nr. 1394 weist als Randbepflanzung der Grünfläche entlang der Straße „Am Eschbichl” 9 Mostbirnenbäume aus.
In der Folgezeit kauften und bezogen die Kläger ihre jenseits der Straße „Am Eschbichl” gelegenen Anwesen. Die Hausgärten der Anwesen liegen zwischen den Gebäuden und der Straße „Am Eschbichl”.
Im Spätherbst des Jahres 1987 stellte die Beklagte am Südwest- sowie am Nordostrand der Grünfläche zwei Metalltore auf; ferner errichtete sie hinter dem nordöstlichen Tor entlang der Josef-Thalhainmer-Straße ein Ballfanggitter von 5 m Höhe und 40 m Länge. Im Südostteil der Grünfläche wurde ein Rodelberg aufgeschüttet. Der Platz zwischen den Toren wird seitdem als Bolzplatz genutzt. Seine Größe beträgt ca. 40 m × 50 m.
Am 13. November 1987 beantragten die Kläger bei der Beklagten, den Bolzplatz zu beseitigen und wie im Bebauungsplan Nr. 1394 vorgesehen wieder eine Grünfläche anzulegen, weil sie vom Lärm des Bolzplatzes stark gestört würden.
Am 26. März 1988 erhoben sie beim Verwaltungsgericht München Klage, mit der sie zuletzt beantragten,
- die Beklagte zu verurteilen, die beiden Tore und das nördliche Ballfanggitter zu beseitigen,
- hilfsweise, den Spielbetrieb nach 20.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zu untersagen,
- hilfsweise, die Beklagte zu Schutzmaßnahmen für die Kläger durch Abschirmung ihrer Grundstücke (einschließlich Bepflanzung) und Regelung über Öffnungszeiten nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.
Sie trugen im wesentlichen vor, ein Bolzplatz sei auf der Grünfläche im Bebauungsplan Nr. 1394 gegenüber ihren Anwesen nicht vorgesehen. Die Legende des Bebauungsplanes unterscheide zwischen Zeichen für (unorganisiertes) Ballspielen/Bahnspielen – diese Zeichen seien in der Grünfläche eingetragen – und dem Zeichen für Bolzplatz; letzteres sei in der Grünfläche nicht eingetragen. Der nicht nur von Kindern und Jugendlichen, sondern auch von Erwachsenen, die nicht im angrenzenden Siedlungsgebiet wohnten und mit PKW anreisten, als regelrechter Fußballplatz bis weit in die Abendstunden hinein benutzte Bolzplatz, der mit Zurufen die Spieler anfeuernde Zuschauer anziehe, störe sie sowohl in ihren Häusern als auch in ihren Gärten. Die Beurteilungspegel lägen über 55 dB (A). Spitzenpegel überschritten 70 – 75 dB (A). Es sei unzumutbar, wenn die für reine Wohngebiete geltenden Richtwerte der TA-Lärm von 50 dB (A) deutlich überschritten würden. Schutzauflagen für die benachbarte Wohnbebauung enthalte der Bebauungsplan nicht. Den Konflikt durch das Nebeneinander von Wohnbebauung und Bolzplatz lasse der Plan ungelöst. Ihnen stünden Beseitigungs- und Unterlassungsan...