Entscheidungsstichwort (Thema)

Straßenentwässerung. Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Juni 1996

 

Verfahrensgang

VG München (Urteil vom 18.06.1996; Aktenzeichen 2 K 94.2194)

 

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Juni 1996 wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klage betrifft Unterlassungsansprüche einer Straßenanliegerin gegen aufgespritztes Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser.

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. 422/12 der Gemarkung W., das an der J.-B.-Z. -Straße in W. liegt. Diese Gemeindestraße hat im Bereich des klägerischen Grundstücks ihren tiefsten Punkt; ferner weist sie eine Neigung zum Grundstück der Klägerin hin auf. Die Klägerin macht geltend, wegen zu geringer Dimensionierung der Straßenentwässerung könne das sich vor dem Bereich ihres Grundstücks sammelnde Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser des öfteren nicht schadlos abfließen und werde von den vorbeifahrenden Kraftfahrzeugen fontänenartig auf ihr Grundstück gespritzt; dadurch seien an ihrem Anwesen diverse Schäden entstanden. Die Entwässerung der Straße erfolgt im streitbefangenen Bereich über vier Straßenabläufe und drei Sickerschächte. Die Entwässerung befestigter Vorgartenflächen von Nachbaranwesen wurde mittlerweile auf Betreiben der Beklagten von der Straßenentwässerung weitgehend abgekoppelt.

Da die Klägerin und die beklagte Gemeinde kein Einvernehmen über Abhilfemaßnahmen erzielen konnten, erhob erstere Klage auf Unterlassung wegen der Beeinträchtigung ihres Grundstücks durch Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser von der J.-B.-Z. -Straße.

Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Professoren Dr.-Ing. R. v. D. und Dr.-Ing. K. P. zu der Frage, ob die Vernässung des Grundstücks der Klägerin auf eine nicht den Regeln der Baukunst und Technik entsprechende Entwässerungseinrichtung in der J.-B.-Z.-Straße zurückzuführen sei. Das Sachverständigengutachten vom 20. Dezember 1995 kommt zu dem Ergebnis, daß über die vorhandenen Schächte 1, 2 und 3 die nach Norm RAS-Ew anfallenden Oberflächenwässer nur teilweise überflutungsfrei versickert werden könnten.

Mit Urteil vom 18. Juni 1996 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, es zu unterlassen, daß von der J.-B.-Z. -Straße in das Grundstück der Klägerin Fl.Nr. 422/12 Oberflächenwasser eindringt. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe analog § 1004 BGB Anspruch auf Unterlassung. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung, die Straßenentwässerung technisch ordnungsgemäß und ausreichend dimensioniert zu erstellen, soweit dies Einfluß auf das klägerische Grundstück haben könne, nicht in vollem Umfang nachgekommen. Diese ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten. In den vorhandenen Sickerschächten könne das anfallende Oberflächenwasser unter Zugrundelegung eines Bemessungsregens von einmal in fünf Jahren nur teilweise überflutungsfrei versickert werden. Das widerspreche den Richtlinien der RAS-Ew. Nicht möglich gewesen sei eine Verurteilung zu bestimmten Maßnahmen. Welche Maßnahmen die Beklagte unter verschiedenen gleichermaßen geeigneten auswähle, stehe in ihrem Ermessen.

Mit ihrer Berufung wendet die Beklagte dagegen folgendes ein:

Das Grundstück der Klägerin werde nicht durch Wasser vernäßt, das von der Straße auf das Grundstück ablaufe; vielmehr werde das Wasser von vorbeifahrenden Kraftfahrzeugen auf das Grundstück der Klägerin gespritzt. Für die vom Gericht angewandte Anspruchsgrundlage des § 1004 BGB (analog) müsse darauf abgestellt werden, wer Störer sei. Störer seien aber die Kraftfahrzeuglenker; die Beklagte sei auch nicht Zustandsstörer. Im übrigen würde das Wasser nicht bis in das Grundstück der Klägerin hineinspritzen, wenn die Fahrzeuge die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit einhielten. Das Verwaltungsgericht habe außerdem unter Heranziehung der Richtlinien der ATV, Arbeitsblatt 118, und der RAS-Ew zu Unrecht auf ein fünfjähriges Regenereignis abgestellt. Diese Richtlinien bezweckten nur, die Sicherheit des Verkehrs in bezug auf Aqua-Planing zu gewährleisten. Im innerörtlichen Verkehr könne dieser Gesichtspunkt aber nicht zum Tragen kommen, so daß es hier für die Beachtung der Regeln der Baukunst ausreiche, wenn auf ein einjähriges Regenereignis abgestellt werde. Allenfalls entspreche es den Regeln der Technik, auf ein dreijähriges Regenereignis (n = 0,3) abzustellen; eine solche Aufnahmekapazität sei auch dem Genehmigungsbescheid des Landratsamts Miesbach vom 28. Januar 1997 für die der Beklagten erteilte wasserrechtliche Erlaubnis zum Einleiten gesammelter Niederschlagswässer in das Grundwasser zugrunde gelegt worden („Entwässerung Baugebiet S. Straße”).

Die Beklagte beantrag...

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