Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ordnungsgeld. Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin. ordnungsgemäße Ladung. Bekanntgabe per einfachem Brief. Bestreiten des Zugangs. Entscheidung im sog Freibeweis

 

Leitsatz (amtlich)

Über die Behauptung der mit Anordnung zum persönlichen Erscheinen geladenen Klägerin, die Ladung nicht erhalten zu haben, hat das Gericht im Freibeweis zu entscheiden.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 2. April 2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin (Bf) wendet sich gegen ihr auferlegtes Ordnungsgeld.

Im Ausgangsverfahren beim Sozialgericht Nürnberg (SG) zum Az. S 14 R 23/09 begehrt die Bf im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens die Anerkennung weiterer Versicherungszeiten, insbesondere Zeiten schulischer bzw. beruflicher Ausbildung im Zeitraum zwischen 1983 und 1990. Die von der Beklagten erbetenen Unterlagen übersandte die Bf nach Aufforderung lediglich für die Zeit vom 14.09.1982 bis 30.06.1984 und während des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 20.08.2008 für die Zeit vom 21.04. bis 23.07.1982. Eine weitere Begründung ihres Widerspruchs gab die Bf nicht ab. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.01.2009 zurück. Sie erklärte, ohne konkrete Angaben, was die Bf beanstande, könne lediglich eine Entscheidung nach Aktenlage ergehen.

Die dagegen erhobene Klage begründete die Bf damit, dass sie den ihr erteilten Bescheid nicht nachvollziehen könne.

Am 27.02.2009 verfügte das SG die Ladung der Beteiligten zum Erörterungstermin auf den 24.03.2009. Es ordnete das persönliche Erscheinen der Bf an. In der Ladung - gegen Empfangsbekenntnis - wies es auf die Möglichkeit hin, dass der Bf Ordnungsgeld auferlegt werden könne, falls diese dem Termin unentschuldigt fern bleibe. Die Beklagte sandte das von ihr erbetene Empfangsbekenntnis am 09.03.2009 an das SG zurück. Da die Bf das Empfangsbekenntnis nicht zurück sandte, forderte das SG sie mit einfachem Brief vom 20.03.2009 auf, das Empfangsbekenntnis und weitere Unterlagen zum Termin am 24.03.2009 mitzubringen.

Im Erörterungstermin am 24.03.2009 erschien ein Bevollmächtigter der Beklagten, die Bf nicht. Das SG gab der Bf durch einen im Protokoll über die Sitzung vom 24.03.2009 festgehaltenen Beschluss auf, die Gründe für ihr unentschuldigtes Fernbleiben bis spätestens 31.03.2009 darzulegen; andernfalls müsse sie mit der Verhängung von Ordnungsgeld rechnen. Die Niederschrift wurde der Bf mittels einfachen, am 24.03.2009 aufgegebenen Briefes zugleich mit Postzustellungsurkunde vom 26.03.2009 übersandt. Der Zusteller vermerkte auf der Zustellungsurkunde, er habe das Schriftstück, da er die Bf nicht angetroffen habe, in den zu ihrer Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt. Die Bf zeigte hierauf keine Reaktion.

Mit Beschluss vom 02.04.2009, der Bf mit Postzustellungsurkunde vom 11.04.2009 zugestellt, legte das SG der Bf 300,- EUR Ordnungsgeld auf, weil sie unentschuldigt dem Termin ferngeblieben sei. Bei der Bemessung des Ordnungsgeldes habe es die berufliche Stellung der Bf als Steuerberaterin berücksichtigt.

Dagegen legte die Bf am 15.04.2009 Beschwerde ein. Sie habe keine Terminsladung erhalten. Die ordnungsgemäße Ladung sei vom Gericht nachzuweisen. Sie habe am 14.04.2009 ein Schreiben des SG mit Datum vom 20.03.2009 erhalten. Darin werde erklärt, das der Ladung beigefügte Empfangsbekenntnis sei nicht zurückgesandt worden. Außerdem sei sie erkrankt gewesen, so dass es ihr auch aus diesem Grunde nicht möglich gewesen wäre, den Termin wahrzunehmen. Der Beschluss sei nicht von der Richterin unterschrieben worden, ebenso die ihr übersandte Niederschrift. Es handle sich wohl nur um Entwürfe.

Das SG legte die Beschwerde dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vor. Am 29.12.2009 wies der Senat die Bf darauf hin, ihr Vortrag sei nicht schlüssig. Für Ladungen genüge die Bekanntmachung, also auch mittels einfachen Briefes. Über die Behauptung, die Ladung vom 27.02.2009 nicht erhalten zu haben, habe das Gericht im Freibeweis zu entscheiden. Es werde der Bf Gelegenheit eingeräumt, hierzu bis spätestens 20.01.2010 Stellung zu nehmen.

Die Bf bezog sich auf ein Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (L 4 SB 44/09). Danach werde der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, wenn der Kläger behaupte, die mit einfachem Brief versandte Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erhalten zu haben. Sie selbst erhalte mittels einfachen Briefes versandte Ladungen nicht. Wiederholt habe sie Post nicht erhalten und sich darüber bei der Deutschen Post AG beschwert, wie ihr an diese gerichtetes Schreiben vom 19.01.2010 belege. Sie habe ein Postfach eingerichtet, in das es zu sog. "Irrläufern" komme. Auch Zustellungen mit Postzustellungsurkunde hätten sie nicht erreicht.

Die Bf beantragt,

den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 02.04.2009 aufzuheben.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs. 2 So...

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