Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung bei Abzug einer fiktiv berechneten ausländischen Rente
Leitsatz (amtlich)
Keine einstweilige Anordnung bei Kürzung der Rente wegen Anrechnung einer fiktiven Rente aus Rumänien, wenn der Anordnungsgrund nicht dargelegt wird.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 07.05.2009 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, ob auf die der Antragstellerin (ASt) bewilligte Rente eine fiktive rumänische Rente anzurechnen ist.
Die ASt ist deutsche Staatsangehörige und hat auch rumänische Versicherungszeiten zurückgelegt, aus denen sich ein Anspruch auf eine rumänische Rente in Höhe von 40,16 € ergeben würde.
Am 17.12.2008 beantragte sie Altersrente für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres. Dabei teilte sie auch mit, dass sie zurzeit keinen Antrag auf Altersrente aus Rumänien stellen werde, sie möchte den rumänischen Rentenbeginn hinausschieben.
Mit Bescheid vom 12.02.2009 (Mitteilung über die vorläufige Leistung) in der Gestalt des am 16.03.2009 abgesandten Widerspruchsbescheides bewilligte die Beklagte Altersrente ab 01.03.2009 in Höhe von 428,33 € brutto abzüglich der - fiktiven - Rente aus Rumänien in Höhe von 40,16 €; die Nettorente betrug 348,77 €. Mit Bescheid vom 08.05.2009 erhöhte sich die Nettorente auf 359,24 € ab 01.07.2009. Nach Artikel 2 und 31 Fremdrentengesetz (FRG) ruhe der Anspruch auf deutsche Rente in Höhe eines bestehenden Anspruches auf eine rumänische Rente. Gegen diese Bescheide hat die ASt Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
Am 08.04.2009 hat die ASt beim SG Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dahingehend begehrt, ihr die bewilligte Rente ohne Abzug der fiktiven rumänischen Rente auszuzahlen. Die Rente ihres Ehemannes betrage lediglich 865,66 €. Verschiedene Sozialgerichte hätten in ihrem Sinne bereits entschieden. Eine Bedürftigkeit bei einem Einkommen unter dem Sozialhilfesatz nachzuweisen, erübrige sich aus ihrer Sicht.
Die Antragsgegnerin (Ag) hat vorgetragen, unabhängig vom Fehlen eines Anordnungsanspruches habe die ASt auch keinen wesentlichen Nachteil bis zur Entscheidung in der Hauptsache dargelegt.
Mit Beschluss vom 07.05.2009 hat das SG die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab 08.04.2009 für die Dauer des Klageverfahrens (S 12 R 4110/09) die mit Bescheid vom 12.02.2009 bewilligte Altersrente für Frauen ohne Abzug einer fiktiven Rente zu gewähren. Ein Anordnungsanspruch sei vorliegend glaubhaft gemacht. Eine fiktive rumänische Rente sei nicht anrechenbar. Wegen der eindeutig fehlenden Rechtsgrundlage für eine Rentenkürzung sei ein Anordnungsgrund nicht erst dann gegeben, wenn Sozialhilfebedürftigkeit eintrete. Eine Kürzung um 40,60 € monatlich für die Dauer des Hauptsacheverfahrens sei der ASt nicht zumutbar.
Dagegen hat die Ag Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Unabhängig vom Fehlen eines Anordnungsanspruches habe die ASt nicht dargelegt, welche Nachteile sie konkret erleide, wenn sie bis zur Entscheidung in der Hauptsache ihren Lebensunterhalt von der gekürzten Rentenleistung finanzieren müsse.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Ag, die Akte des SG S 12 R 4110/09 und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig und auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiellrechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrund...