Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Vergütungsanspruch eines Sachverständigen bei das Ergebnis der Kontrollberechnung überschreitenden Zeitangaben
Leitsatz (amtlich)
Liegen die Angaben des Sachverständigen zum Zeitaufwand über den Zeiten, wie sie sich aus der Kontrollberechnung ergeben, sind die höheren Zeitangaben des Sachverständigen der Abrechnung nur dann zugrunde zu legen, wenn diese den nach den Erfahrungswerten ermittelten objektiv erforderlichen gesamten Zeitaufwand um nicht mehr als 15 v.H. überschreiten oder der höhere Zeitaufwand ohne weiteres erkennbar ist.
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten vom 14. Mai 2013 wird auf 1.926,02 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Festsetzung der Vergütung für ein im Auftrag des Gerichts erstelltes Gutachten durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 14 R 162/10 anhängig gewesenen Rechtsstreit wegen Rente wegen Erwerbsminderung im Sinn des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch erstellte der Antragsteller gemäß §§ 106 Abs. 3 Nr. 5, und Abs. 4, 109 Sozialgerichtsgesetz am 14.05.2013 ein chirurgisch-sozialmedizinisches Gutachten.
Mit Rechnung vom 14.05.2013 machte er dafür einen Vergütungsanspruch in Höhe von 2.881,63 € geltend. Er gab dabei - näher aufgeschlüsselt - einen Zeitaufwand von 39,5 Stunden zu je 60,- € an. Im Rechnungsbetrag enthalten sind zudem Schreibgebühren samt Porto und Versand in Höhe von zusammen 39,54 € und Kosten für eine Fotodokumentation (vier Fotos) von 12,- € sowie Mehrwertsteuer in Höhe von 460,09 €.
Der Kostenbeamte des Bayer. LSG bewilligte mit Schreiben vom 31.05.2013 lediglich 1.948,67 €. Er ging dabei von einem Zeitaufwand von insgesamt 26,5 Stunden aus, wobei er die Kürzung des von ihm bei der Abrechnung zugrunde gelegten Zeitaufwands näher begründete. Für die Fotodokumentation wurden 8,- € angesetzt, für Schreibgebühren und Porto 39,54 €.
Gegen die Rechnungskürzung hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 12.07.2013 gewandt und die Kürzung seiner Rechnung bezüglich des Zeitaufwands beanstandet. Zentrale Aussage der Vergütung sei - so der Antragsteller - die "tatsächliche zeitliche Inanspruchnahme". Diese lasse sich anhand der Rechnung differenziert ermitteln. Es habe sich ein Gutachtensumfang von 69 Seiten ergeben. Im Übrigen hat er die fachliche Qualifikation des Kostenbeamten zu den von diesem vorgenommenen Kürzungen angezweifelt und dessen Ausführungen als willkürlich erscheinend bezeichnet.
Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens beigezogen.
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Die Vergütung ist auf 1.926,02 € festzusetzen.
1. Anzuwendende Fassung des JVEG
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn der Gutachtensauftrag ist vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG erfolgt.
2. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Vergütung kann deshalb auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a.a.O., § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).
3. Vergütung des Antragstellers
Dem Antragsteller steht eine Vergütung in Höhe von 1.926,02 € zu.
Die Vergütung eines Sachverständigen setzt sich gemäß § 8 Abs. 1 JVEG aus dem Honorar für seine Leistungen, dem Ersatz von Fahrtkosten, der Entschädigung für Aufwand und dem Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen zusammen.
3.1. Honorar/Vergütung für Zeitaufwand
Der Vergütung is...