Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende: Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes. Zulässigkeit einer zeitlichen Vorgabe für Bewerbungsbemühungen. Angemessenheit einer Eingliederungshilfe des Grundsicherungsträgers
Leitsatz (amtlich)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt.
Orientierungssatz
1. Die in einem Eingliederungsverwaltungsakt dem Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende auferlegte Verpflichtung, sich innerhalb von drei Tagen auf einen ihm vorgelegten Vermittlungsvorschlag zu bewerben, ist zumutbar und damit grundsätzlich rechtmäßig.
2. Die Zusicherung der Bereitstellung eines persönlichen Ansprechpartners in einem Eingliederungsverwaltungsakt, der den Grundsicherungsempfänger bei der Erfüllung der auferlegten Verpflichtungen unterstützt, stellt eine angemessene Bestimmung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit des Grundsicherungsträgers dar.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 20.06.2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes.
Die 1966 geborene Beschwerdeführerin (Bf), deren 1968 geborener Ehemann R. und die 2000 geborene Tochter leben in einer Bedarfsgemeinschaft.
Aufgrund des Antrags vom 17.02.2016 bewilligte der Beschwerdegegner (Bg) den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.02.2016 bis 31.01.2017.
Nach Antragstellung wurden mit der Bf. und deren Ehemann Verhandlungen über Eingliederungsvereinbarungen aufgenommen, die letztlich scheiterten. Daraufhin erließ der Bg gegenüber der Bf zunächst einen Eingliederungsverwaltungsakt mit Datum vom 01.04.2016, der auf Widerspruch der Bf. mit Abhilfebescheid vom 17.05.2016 aufgehoben wurde, da die Geltungsdauer der Eingliederungsverwaltungsaktes ohne Ermessenausübung auf drei Monate beschränkt worden war.
Mit Datum vom 23.05.2016 erließ der Bg. erneut einen Eingliederungsverwaltungsakt, der inhaltlich der gescheiterten Eingliederungsvereinbarung und dem aufgehobenen Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.04.2016 entsprach. Der Eingliederungsverwaltungsakt bestimmte als Laufzeit nunmehr sechs Monate für die Zeit vom 23.05.2016 bis 22.11.2016. Als Ziel des Eingliederungsverwaltungsaktes wurde die Integration der Bf. auf den ersten Arbeitsmarkt angestrebt und dabei unter "1. Unterstützung durch Jobcenter im Landkreis A-Stadt" festgelegt, dass
- bei Vorlage der Anspruchsvoraussetzungen Leistungen nach dem SGB II bewilligt würden,
- Hilfestellung bei der Erstellung von Bewerbungsschreiben, Beratungsangebot, Angebot von Vermittlungsvorschlägen, Trainingsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten, je nachdem, ob diese/s Angebot/e für den Leistungsempfänger geeignet ist. Diese Eignung wird von dem persönlichen Ansprechpartner des Jobcenters beurteilt.
- Zurverfügungstellung aussagekräftiger Bewerbungsunterlagen,
- Unterstützung von Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme nachgewiesener Kosten für schriftliche Bewerbungen soweit diese vorher beantragt wurden,
- Unterstützung von Bewerbungsaktivitäten nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 44 SGB III durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt beantragt wurde.
Im Gegenzug wurde unter "2. Bemühungen" als Pflichten der Bf. festgelegt:
- Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge des Bg. innerhalb von drei Tagen nach Erhalt unter Unterrichtung des persönlichen Ansprechpartners beim Bg. in schriftlicher Form auf dem erhaltenen Vordruck über das Ergebnis Bewerbung.
- Dokumentation der Eigenbemühungen.
- Verpflichtung, Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen und spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Eintritt der AU eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit Angabe der Dauer vorzulegen.
- Mitteilungspflichten im Hinblick auf Veränderungen .
In der Rechtsfolgenbelehrung wurde die Bf. darauf hingewiesen, dass Pflichtverstöße zu einer Minderung der Leistungen führen könnten. Zusätzlich enthielt der Bescheid "Wichtige Hinweise", die auf bestehende gesetzliche Pflichten der Bf hinwiesen, z.B. was den Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs anbetrifft.
Hiergegen legte die Bf. Widerspruch ein mit der Begründung, der Bescheid enthalte rechtwidrige Inhalte und verstoße gegen ihre Grundrechte, ohne dies weiter auszuführen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage ist beim Sozialgericht Regensburg unter Az.: S 3 AS 364/16 anhängig.
Am 14.06.2014 beantragte die Bf. beim Sozialgericht Regensburg vorläufigen Rechtsschutz gegen den Eingliederungsverwaltungsakt. Der Verwaltungsakt verstoße gegen ihre Grundrechte aus Art. 1, 2, 11 und 12 des Grundgesetzes. Es handele sich um Zwangs- und Pflichtarbeit, die nach Art. 2 des ILO-Übereinkommens verboten sei. Insbesondere die verlangten Eigenbemühungen seien unzumu...