Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilferecht: Anforderungen an die Darlegung der Hilfebedürftigkeit beim Zufluss hoher Verkaufserlöse aus Vermögensveräußerung. Beweiskraft einer eidesstattlichen Versicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Glaubhaftmachung und Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutz.

2. Zur Beweislastverteilung zum Nachweis der Hilfebedürftigkeit in der Grundsicherung.

3. Die eidesstattliche Versicherung dient lediglich als (zugelassenes) Beweismittel und ist keine feste Beweisregel in dem Sinne, dass eine Tatsache damit glaubhaft gemacht ist.

4. Auch die eidesstattliche Versicherung unterliegt einer Beweiswürdigung im Sinne der Glaubwürdigkeit.

 

Orientierungssatz

Hat ein Grundsicherungsempfänger einen hohen Verkaufserlös aus dem Verkauf eines Vermögensgegenstandes erzielt (hier: Verkauf einer Eigentumswohnung zum Preis von 195.000 Euro) und beantragt er schon wenige Monate später erneut Sozialhilfeleistungen, so kommt die Zuerkennung auch nur eines vorläufigen Leistungsanspruchs im sozialgerichtlichen Eilverfahren jedenfalls solange nicht in Betracht, wie der Betroffene nicht den Verbleib des Verkaufserlöses durch detaillierte Darlegungen glaubhaft macht.

 

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 12. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts Z. wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Gegenstand dieses Verfahrens ist eine Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München (SG) vom 12. Februar 2015. Darin hat das SG im Wesentlichen die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Hilfe zum Lebensunterhalt iHv 132,55 € monatlich zuzüglich eines monatlichen Zuschusses zum Beitrag zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung iHv 138,37 € monatlich für die Zeit vom 8.1. bis 30.4.2015 zu zahlen.

Am 16.10.2014 beantragte der 1956 geborene Antragsteller für die Zeit ab 1.11.2014 Grundsicherungsleistungen. Er hatte bis 30.6.2014 Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten (vgl. Aufhebungsbescheid vom 4.6.2014 für den Zeitraum 1.7.2014 bis 31.1.2015 wegen Verkaufs einer Eigentumswohnung). Zwischenzeitlich erhielt der Antragsteller im Juli 2014 mit Beginn vom 1.11.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd mit einem monatlichen Leistung von ca. 240 €.

Seit 2008 teilt der Antragsteller seine Unterkunft mit der 1958 geborenen B. H., unter anderem zuvor in der vom Antragsteller verkauften Wohnung in der A-Straße. Nach den vorgelegten Kontoauszügen erhielt der Antragsteller von der Käuferin der Eigentumswohnung eine Restzahlung in Höhe von 167.878 € sowie von der Bausparkasse (aus einem Vertrag seines Bruders S.) 28.080 € (Juli 2014). Am 4.7.2014 erfolgten Auszahlungen vom Konto des Antragstellers iHv 160 000 € und am 21.7.2014 iHv 25 000 €. Hierzu gab der Antragsteller an, in der Zeit seiner Insolvenz sowie seit dem Bezug von Hartz IV ab 1.1.2005 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug zum 1.7.2014 Schulden aufgenommen zu haben, die er nunmehr getilgt habe. Mit B. H., die derzeit als Krankenschwester tätig sei, bilde er eine Mietgemeinschaft.

Zum Verbrauch der Summe von 185 000 € ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten vortragen, dass von 2006 bis zum Ausscheiden aus dem Leistungsbezug zum 30.6.2014 verschiedene Sozialleistungen bezogen worden seien. Während dieser Zeit seien Zahlungsverpflichtungen gegenüber Dritten entstanden. Hierbei habe es sich nicht um Geschenke gehandelt, sondern um darlehensweise Zuwendungen zB für Arzneimittel oder Reparaturen und dergleichen. Der Antragsteller sei zur Rückzahlung dieser Darlehen verpflichtet gewesen und sei dieser Verpflichtung nun nachgekommen. Soweit nach der Schuldentilgung noch Mittel vorhanden gewesen seien, seien dies genutzt worden, um die neue Wohnung einzurichten, den Lebensunterhalt zu bestreiten und einige Dinge zu tun, die in den vergangenen Jahren wegen des Sozialleistungsbezugs nicht möglich gewesen seien.

Dem entgegnete die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26.11.2014, dass die vorgelegten Unterlagen weiter nicht ausreichend seien, um über den Leistungsantrag zu entscheiden. Ua würden Nachweise über den Verbrauch der Einnahmen aus Juli 2014 benötigt.

Mit weiterem Schreiben vom 16.12.2014 wies der Bevollmächtigte die Antragsgegnerin darauf hin, dass der Lebensunterhalt des Antragstellers nicht sichergestellt sei und bat um die Gewährung eines Vorschusses, falls eine Leistungsbewilligung bis 31.12.2014 nicht möglich sei. Die Antragsgegnerin wiederholte hierauf ihre Auffassung, dass eine Bewilligung wegen fehlender Unterlagen nicht möglich sei. Entsprechendes gelte für die Gewährung eines Vorschusses (Schreiben vom 19.12.2014).

Daraufhin hat der Antragsteller am 8.1.2014 beim SG einstweiligen Rechtsschutz beantragen. Der Antragsteller habe sämtliche aus dem Verkauf seiner Eigentumswohnung erzielten Mittel verbrau...

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