rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung. Frist. Zustellung. Empfangsbekenntnis. Öffentliche Urkunde. Gegenbeweis. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Verschulden
Leitsatz (redaktionell)
Für den Zeitpunkt der Zustellung ist grundsätzlich von dem Datum auszugehen, das in das Empfangsbekenntnis eingetragen wurde. Für ein anderes Datum ist der volle Gegenbeweis zu führen.
Normenkette
SGG § 63 Abs. 1, 2 S. 1, § 64 Abs. 1-2, §§ 67, 151 Abs. 1; ZPO § 174 Abs. 1, § 418
Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 17.03.2004; Aktenzeichen S 7 AL 583/01) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.03.2004 wird als unzulässig verworfen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Arbeitslosenhilfe (Alhi), insbesondere um die Höhe des dieser zugrunde liegenden Bemessungsentgeltes.
Mit Bescheid vom 28.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2001 setzte die Beklagte das Bemessungsentgelt wegen gesundheitlicher Einschränkungen von 840,00 DM auf 580,00 DM herab. Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat auf die hiergegen erhobene Klage die Bescheide mit Urteil vom 17.03.2004 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, Alhi weiterhin nach einem Bemessungsentgelt von 840,00 DM wöchentlich zu gewähren. Dieses Urteil ist an die Beklagte mittels Empfangsbekenntnisses (EB) zugestellt worden. Das EB ist von der für die Entgegennahme solcher Zustellungen zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten, Frau W. , ausgefüllt und an das SG zurückgesandt worden (Eingang dort: 16.04.2004). Sie hat als Empfangsdatum angegeben: "07.04.2004" (Mittwoch vor Ostern).
Mit Telefax vom 11.05.2004 - eingegangen beim Bayer. Landessozialgericht am 11.05.2004 - hat die Beklagte Berufung eingelegt. Hinsichtlich der Einhaltung der Berufungsfrist hat sie eine Stellungnahme ihrer Mitarbeiterin vom 05.07.2004 vorgelegt. Diese führt aus, sie habe das Urteil des SG erst am 13.04.2004 zusammen mit einem anderen sozialgerichtlichen Urteil auf ihrem Schreibtisch vorgefunden und in das Fach des ersten Sachbearbeiters gelegt, der unmittelbar hernach hiervon Kenntnis genommen habe. Auf dem EB habe sie versehentlich den 07.04.2004 als Tag der Empfangnahme eingetragen und eine Kopie hiervon für die Akten gefertigt. Auf der Urteilsausfertigung habe sie hingegen den Tag ihrer tatsächlichen Kenntnisnahme (13.04.2004) vermerkt. Dies sei dem ersten Sachbearbeiter aufgefallen und er habe veranlasst, dies auf dem an das SG zurückzusendenden EB noch zu ändern, weil Berufung eingelegt werden sollte. Versehentlich habe sie jedoch ein anderes, in der Poststelle noch vorhandenes EB berichtigt und eine Kopie hiervon zu den Akten des vorliegenden Rechtsstreites gegeben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Würzburg vom 17.03.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Würzburg vom 17.03.2004 als unzulässig zu verwerfen.
Die Berufungsfrist sei am 11.05.2004 bereits abgelaufen gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist nicht fristgemäß eingelegt (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und deshalb unzulässig.
Der Senat konnte die Berufung gemäß § 158 Satz 1 SGG durch Beschluss zurückweisen, denn die Berufung ist nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden. Eine Anhörung der Beteiligten ist im Gesetz nicht vorgesehen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7.Auflage, § 158 Rdnr 8). Die Beklagte hat sich im Übrigen zur Frage der Fristversäumnis geäußert.
Gemäß § 151 Abs 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteiles (§ 63 Abs 1 SGG) schriftlich ... einzulegen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung -ZPO- (§ 63 Abs 2 Satz 1 SGG in der ab 01.07.2002 geltenden Fassung). Ein Schriftstück kann hiernach an ... eine Behörde, eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts gegen EB zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene schriftliche EB, das an das Gericht zurückzusenden ist (§ 174 Abs 1 ZPO, im Wesentlichen übereinstimmend mit der früher anwendbaren Regelung des § 5 Verwaltungszustellungsgesetz -VwZG-).
Die Zustellung ist hier von der Beklagten auf dem EB für den 07.04.2004 - unterschriftlich bestätigt - angegeben worden und an das SG zurückgesandt worden. Dieser Zeitpunkt ist ausschlaggebend. Für die Zustellung ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Empfänger von dem Zugang des zuzustellenden Schriftstückes Kenntnis erlangt und bereit ist, die Zustellung entgegenzunehmen (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 11.08.1998 - B 2 U 14/00 R - veröffentl. in Juris mwN; BSG SozR 1500 § 164 Nr 15; BSG SozR Nr 4 zu § 5 VwZG).
Das EB liefert i...