Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Für den Zeitpunkt der Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht einer Klage im Hinblick auf einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt es auf das vollständige Vorliegen der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.07.2011 (Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Antragstellerin (ASt) befindet sich in einer Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin. Ihr Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung wurde im Hinblick auf das vorhandene Einkommen ihrer Eltern abgelehnt.
Mit Bescheid vom 19.05.2011 bewilligte der Antragsgegner (Ag) der ASt Alg II für die Zeit vom 01.06.2011 bis 30.11.2011 iHv monatlich 90,83 €. Dagegen legte die ASt Widerspruch ein, der nach Erteilung der Änderungsbescheide vom 22.06.2011 (Erhöhung der Leistungen auf monatlich 114 € und Bewilligung von weiteren Leistungen iHv monatlich 663,38 € als Darlehen) mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2011 zurückgewiesen wurde.
Bereits am 08.06.2011 hat die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) einen Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz im Hinblick auf "Leistungen in ungekürzter Höhe nach dem SGB II zumindest als Darlehen" gestellt. Im Hinblick auf den Änderungsbescheid vom 22.06.2011 hat sie dann erklärt, sie könne nicht mehr erreichen und gehe davon aus, der Ag habe insofern ihrem Antrag voll entsprochen. Der Ag möge ein Anerkenntnis abgeben, danach könne der Rechtsstreit für erledigt erklärt werden. Der Ag hat darauf mitgeteilt, ein vollständiges Anerkenntnis liege nicht vor, da die Leistungen "zumindest" als Darlehen beantragt worden seien. Das SG hat mit Beschluss vom 23.07.2011 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Ein Rechtsschutzbedürfnis liege im Hinblick auf die erfolgte Darlehensbewilligung nicht mehr vor. Die dagegen beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegte Beschwerde (Az: L 11 AS 633/11 B ER) hat die ASt zurück genommen.
Am 20.06.2011 hat die ASt bei SG zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren vor dem SG beantragt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Bei der Frage nach vorhandenem Vermögen war unter "Bank-, Giro-, Sparkonten und dgl." das Feld "Nein" angekreuzt. Das SG hat darauf die ASt mit Schreiben vom 05.07.2011 zur Mitteilung aufgefordert, ob sie über ein Konto bei der Sparkasse verfüge und ggf Belege der letzten sechs Wochen zu übersenden. Die Kontoauszüge gingen am 21.07.2011 beim SG ein.
Mit Beschluss vom 23.07.2011 hat das SG die Bewilligung von PKH abgelehnt. Für die im Rahmen der Bewilligung von PKH vorzunehmende Prüfung der Erfolgsaussichten des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz komme es auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Antrages an. Frühestens mit Eingang der Kontoauszüge am 21.07.2011 sei dies der Fall gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keine Erfolgsaussichten mehr gehabt, da zwischenzeitlich der Darlehensbescheid vom 22.06.2011 ergangen gewesen sei.
Dagegen hat die ASt Beschwerde beim LSG eingelegt. Es sei für die PKH-Entscheidung auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Soweit Unterlagen nachgereicht würden, reichten diese zurück.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt.
Nach § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht zwar nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 73a Rn 7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Allerdings müssen dabei letzte ...