Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren: Frühestmöglicher Zeitpunkt einer Entscheidung über einen PKH-Antrag
Leitsatz (amtlich)
Frühestmöglicher Zeitpunkt einer Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist - soweit kein Ausnahmefall vorliegt - die Abgabe der Stellungnahme durch den Antragsgegner und die Übersendung der Akten.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 25.05.2018 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Streitig war im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung von Mietschulden.
Mit Bescheid vom 19.12.2017 bewilligte der Antragsgegner (Ag) dem Antragsteller (ASt) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.02.2018 bis 31.01.2019. Die darin enthaltenen Kosten für Unterkunft und Heizung sollten direkt an den Vermieter überwiesen werden. Tatsächlich jedoch wurde das gesamte Alg II an den ASt ausgezahlt.
Mangels Mietzahlungen erfolgte mit Schreiben des Vermieters vom 09.05.2018 die fristlose Kündigung des Mietvertrages. Der ASt begehrte vom Ag mit Schreiben vom 09.05.2015 (20.38 Uhr) unter Fristsetzung bis 14.05.2018 (Montag) eine Prüfung, weshalb die Miete nicht - wie vereinbart - direkt an den Vermieter überwiesen worden sei. Mit Schreiben vom 15.05.2018 beantragte er die Übernahme der Mietschulden als Zuschuss.
Am 16.05.2018 gewährte der Ag ein Darlehen an den ASt, das zur Begleichung der Mietschulden direkt an den Vermieter überwiesen werde (Darlehensbescheid vom 16.05.2018).
Bereits am 15.05.2018 hat der ASt einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Nürnberg (SG) dahingehend begehrt, dass der Ag ein Darlehen in Höhe der Mietschulden unter Auszahlung direkt an den Vermieter zu erbringen habe. Zugleich hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt und den Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt. Einstweiliger Rechtsschutz sei wegen der fristlosen Kündigung mit einer Räumungsfrist bis 31.05.2018 zu gewähren. Der Ag hat mit Übersendung der Akten am 23.05.2018 innerhalb der vom SG gesetzten, kurzen Frist Stellung genommen und mitgeteilt, dass ein Darlehen zur Begleichung der Mietschulden bewilligt und an den Vermieter überwiesen worden sei.
Den Antrag auf Bewilligung von PKH hat das SG mit Beschluss vom 25.05.2018 abgelehnt. Bereits im Zeitpunkt der Antragstellung habe keine hinreichende Erfolgsaussicht bestanden, denn der ASt hätte zunächst eine normale Bearbeitungszeit durch den Ag abwarten müssen. Die gesetzte Frist sei unter Berücksichtigung des Feiertages am 10.05.2018 und des Wochenendes zu kurz gewesen. Die Rechtsverfolgung sei auch mutwillig gewesen. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat der ASt am 28.05.2018 für erledigt erklärt.
Gegen den Beschluss vom 25.05.2018 hat der ASt Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Wegen der besonderen Dringlichkeit habe er eine Frist von lediglich zwei Werktagen gesetzt und diese sei auch unter Berücksichtigung des Brückentages angemessen gewesen. Der Ag habe sich erst nach Ablauf der Frist am 16.05.2018 bei ihm gemeldet. Die Erfahrung zeige, dass der Ag erst nach erheblicher zeitlicher Verzögerung auf Anträge reagiere.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG-) ist zulässig, aber unbegründet. Mangels hinreichender Erfolgsaussicht besteht kein Anspruch auf die Bewilligung von PKH.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 73a Rn.7ff.) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen ...