Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Entschädigung eines Sachverständigen. Zulässigkeit einer nachträglichen Neuberechnung einer Vergütung außerhalb des gesetzlichen Rechnungslegungszeitraums. Voraussetzung einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zur Neuberechnung einer Sachverständigenvergütung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Neuberechnung der Vergütungsforderung des Sachverständigen ist nach Ablauf der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG nur nach fristgerechtem Verlängerungsantrag gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 JVEG oder über einen Wiedereinsetzungsantrag gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG möglich.
2. Eine fristgerechte Rechnungsstellung ermöglicht nicht die Geltendmachung von weiteren Vergütungsbestandteilen oder eine Abänderung der Vergütungsforderung außerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG.
3. Ein Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb von zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses, das einer fristgerechten Rechnungsstellung entgegen steht, zu stellen.
4. Jedenfalls mit der Erstellung der Rechnung des Sachverständigen ist nachgewiesen, dass das einer rechtzeitigen Rechnungsstellung entgegen stehende Hindernis spätestens zu diesem Zeitpunkt weggefallen ist.
Orientierungssatz
In Verfahren über die Entschädigung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen kann allein in der verspäteten Vorlage einer Rechnung kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zur Nachholung einer fristgerechten Abrechnung gesehen werden, da eine Wiedereinsetzung von Amts wegen in diesen Fällen ausscheidet (Fortführung: LSG München, Beschluß vom 01. August 2012, L 15 SF 156/12).
Tenor
Der Antrag auf Wiedereinsetzung wegen der mit Rechnung vom 06.07.2010 erfolgten Neuberechnung der Vergütung für das Gutachten vom 06.12.2009 wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller, Arzt an einer Klinik in A-Stadt, begehrt wegen der Neuberechnung seiner Vergütung eines von ihm erstatteten Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) die Wiedereinsetzung.
In dem am Bayer. Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 1 R 301/09 geführten rentenrechtlichen Klageverfahren fertigte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts unter dem Datum vom 06.12.2009 ein Gutachten an; bei Gericht ging das Gutachten am 07.12.2009 ein. Mit Rechnung vom 11.12.2009 stellte er dem Gericht dafür einen Betrag in Höhe von 1.913,97 € in Rechnung, der antragsgemäß gezahlt wurde.
Mit Schreiben vom 24.08.2010, eingegangen bei Gericht am 26.08.2010, hat eine Mitarbeiterin der Klinik mitgeteilt, dass bei der ursprünglichen Abrechnung des Gutachtens aufgrund eines Softwarefehlers eine zu niedrige Vergütungsforderung in Rechnung gestellt worden sei. Aus der dem Schreiben vom 24.08.2010 beigelegten überarbeiteten Rechnung vom 06.07.2010 ("Erstelldatum") ergibt sich ein Gesamtbetrag von 2.311,62 €. Es ist gebeten worden, das Versehen zu entschuldigen und den Differenzbetrag nachzuentrichten. Am 01.09.2010 hat der Antragsteller selbst ein wortgleiches Schreiben wie das vom 24.08.2010 an das Gericht gerichtet.
II.
Dem Antragsteller ist keine Wiedereinsetzung zu gewähren.
Im vorliegenden Fall ist die Neuberechnung des Vergütungsanspruchs zu spät bei Gericht eingereicht worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen nicht vor.
1. Geänderte Rechnung zu spät gestellt
Der Vergütungsanspruch war bereits erloschen, als die geänderte Rechnung bei Gericht vorgelegt wurde.
Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Falle der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen hat.
Das streitgegenständliche Gutachten ist am 07.12.2009 bei Gericht eingegangen. Damit ist eine (geänderte) Vergütung aufgrund einer erst im August 2010 bei Gericht eingereichten abgeänderten Rechnung ausgeschlossen.
Eines Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Vergütungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschlüsse vom 16.09.2008, Az.: L 15 SF 144/08, vom 21.12.2011, Az.: L 15 SF 208/10 B E, und vom 14.08.2012, Az.: L 15 SF 135/12 B). Dies gilt in gleicher Weise für die Einreichung einer originären Rechnung als auch für eine nachgereichte Rechnungskorrektur.
Ohne rechtliche Relevanz ist es bei der Erlöschensregelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn zuvor - fristgerecht - bereits eine Rechnung gestellt worden ist und diese Rechnung nur abgeändert werden soll (vgl. dazu - überwiegend zur nachträglichen Geltendmachung der Umsatzsteuer - Beschlüsse des Senats vom 23.12.2009, Az.: L 15 SF 352/09, vom 22.12.1009, Az.: L 15 SF 348/09, vom 14.11.2008, Az.: L 15 SF 189/08 R KO, vom 05.05.2008, Az.: L 15 SF 17/08 R KO, L 15 SF 18/08 U KO; Landessozialgericht - LSG - für das Land Nordrhein-Westfalen, Bes...