Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Entschädigung eines Sachverständigen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei verspäteter Rechnungsstellung
Leitsatz (amtlich)
1. § 2 Abs. 2 JVEG sieht nur eine Wiedereinsetzung auf Antrag vor.
2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb von zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses, das einer fristgerechten Rechnungsstellung entgegen gestanden hat, zu stellen.
3. Die verspätete Zusendung der Rechnung über das Sachverständigenhonorar stellt keinen Wiedereinsetzungsantrag dar.
4. Jedenfalls mit der Erstellung der Rechnung des Sachverständigen ist nachgewiesen, dass das einer rechtzeitigen Rechnungsstellung entgegen stehende Hindernis spätestens zu diesem Zeitpunkt weggefallen ist.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 7. September 2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) begehrt wegen der Vergütung eines von ihm erstatteten Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) die Wiedereinsetzung.
In dem am Sozialgericht Bayreuth (SG) unter dem Aktenzeichen S 3 R 351/11 geführten rentenrechtlichen Klageverfahren erstellte der Bf im Auftrag des Gerichts unter dem Datum vom 10.02.2012 ein Gutachten. Bei Gericht ging das Gutachten am 09.03.2012 ein.
Mit Liquidation vom 17.07.2012 (Eingang bei Gericht am 19.07.2012) stellte der Bf für das Gutachten einen Betrag von 1.033,50 € in Rechnung.
Nachdem ihm die Kostenbeamtin des SG mit Schreiben vom 25.07.2012 mitgeteilt hatte, dass der Vergütungsanspruch wegen zu später Rechnungsstellung erloschen sei, hat er mit Schreiben vom 02.08.2012, gefaxt an das Gericht am 03.08.2012, Wiedereinsetzung beantragt. Leider - so der Bf - sei die fristgerechte Abrechnung durch seine Sekretärin bzw. die Dame, an die die Akte zur Erledigung weiter geleitet worden sei, versäumt worden. Dies sei in seiner langen Gutachtertätigkeit zum ersten Mal passiert. Seine Sekretärin habe bisher alles ordnungsgemäß erledigt, wovon er sich auch durch Nachfragen oder stichprobenartige Überprüfungen überzeugt habe.
Das SG hat mit Beschluss vom 07.09.2012, zugestellt am 08.09.2012 die Wiedereinsetzung abgelehnt. Die Fristversäumnis - so das Gericht - sei nicht unverschuldet. Der Bf habe es versäumt, durch eine Fristenkontrolle dafür Sorge zu tragen, dass Gutachtensrechnungen fristgerecht erstellt würden.
Dagegen hat der Bf mit Schreiben vom 17.09.2012, beim SG eingegangen am 20.09.2012, Beschwerde eingelegt. Er könne nicht erkennen, dass ihm ein Organisationsverschulden zur Last falle. Seine Sekretärin habe bisher immer alles richtig gemacht.
II.
Die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 JVEG statthafte Beschwerde ist zwar zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 4 JVEG eingelegt worden. Sie ist aber unbegründet.
Die Gewährung von Wiedereinsetzung wegen der verspäteten Rechnungsstellung hat das SG im Ergebnis zutreffend abgelehnt.
1. Rechnung zu spät gestellt
Der Vergütungsanspruch war bereits erloschen, als die Honorarforderung geltend gemacht wurde.
Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Falle der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen hat.
Vorliegend ist das Gutachten vom 10.02.2012 am 09.03.2012 beim SG eingegangen. Die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des dafür entstandenen Vergütungsanspruchs war bereits über einen Monat abgelaufen, als die Rechnung vom 17.07.2012 am 19.07.2012 bei Gericht einging. Eines Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Vergütungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschlüsse vom 16.09.2008, Az.: L 15 SF 144/08, vom 21.12.2011, Az.: L 15 SF 208/10 B E, und vom 14.08.2012, Az.: L 15 SF 135/12 B).
2. Keine Wiedereinsetzung
Das SG hat im Ergebnis zutreffend dem Bf keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2.1. Allgemeines zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung
Einem Anspruchsteller nach dem JVEG ist bei Versäumung der Frist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG Wiedereinsetzung nur dann zu gewähren, wenn
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG, d.h. innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses für die (rechtzeitige) Antragstellung, einen Wiedereinsetzungsantrag stellt,
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft macht (vgl. zur verfassungsrechtlichen Problematik die ausführlichen Erwägungen im Grundsatzbeschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12),
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG den Entschädigungsanspruch beziffert und
- sich das Gericht bei weiteren, von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen vom glaubh...