Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. kein Urlaubsanspruch des Hilfebedürftigen nach BUrlG. Ablehnung der Zustimmung zur Abwesenheit aus dem zeit- und ortsnahen Bereich. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Es kann als höchstrichterlich geklärt gelten, dass die Ortsabwesenheit eines SGB-II-Leistungsempfängers anderen Kriterien als der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers unterliegt.

 

Orientierungssatz

Die ErreichbAnO, auf die § 7 Abs 4a SGB 2 Bezug nimmt und die in ihrem § 3 den zeit- und ortsnahen Bereich definiert, verletzt nicht höherrangiges Recht (vgl BSG vom 10.8.2000 - B 11 AL 101/99 R = BSGE 87, 46 = SozR 3-4100 § 103 Nr 23 und vom 20.6.2001 - B 11 AL 10/01 R = BSGE 88, 172 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3). Es gibt auch ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass § 7 Abs 4a SGB 2 verfassungskonform ist.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.10.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Entzug von Leistungen nach dem SGB II während nicht genehmigter Ortsabwesenheit.

Der Kläger, der geringfügig beschäftigt ist, erhielt von der Beklagten für die Zeit ab 01.02.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der angemessenen Unterkunft in Höhe von 693,00 EUR monatlich zuerkannt (Bescheid vom 03.01.2008 und Anerkenntnis vom 15.10.2008 im Verfahren S 19 AS 22/08). Mit Bescheid vom 17.01.2008 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit ab 01.02.2008 wegen Ortsabwesenheit auf, nachdem sie den Antrag des Klägers auf Ortsabwesenheit vom 28.01.2008 bis 03.03.2008 abgelehnt und ihn auf die Folgen des ungenehmigten Auslandsaufenthaltes hingewiesen hatte.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 02.05.2008 hat der Kläger Klage erhoben und Leistungen für die Zeit vom 01.02.2008 bis 19.02.2008 beantragt. Das Sozialgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Ortsabwesenheit sei nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig gewesen.

Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem am 14.11.2008 zugestellten Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.10.2008 hat der Kläger am 12.12.2008 Beschwerde eingelegt. Die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, da es um die Frage gehe, inwieweit ein Empfänger von SGB II-Leistungen für sich Urlaub und Ortsabwesenheit beanspruchen dürfe und einem Arbeitnehmer gleichzustellen sei. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitslose seien auf den Verkauf ihrer Arbeitsleistung angewiesen, insoweit also vergleichbar. Weil es für einen Arbeitslosen wichtig sei, nicht nur gleiche Pflichten, sondern in gewissem Rahmen auch gleiche Rechte zu haben, zähle hierzu auch ein gewisser Urlaubsanspruch.

II.

Die vom Kläger fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.

Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Der Kläger hat keine Abweichung des Sozialgerichts von einer höchstrichterlichen Entscheidung geltend gemacht. Ebensowenig wird ein Verstoß gegen eine Vorschrift des Verfahrensrechts gerügt. Die Rechtssache ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl § 144 RdNr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand von Rechtsprechung und Literatur nicht ohne Weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob er als Empfänger von SGB II-Leistungen Anspruch auf Urlaub wie ein Arbeitnehmer habe, ist nicht klärungsbedürftig. Die Antwort hierauf ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. § 7 Abs 4a SGB II bestimmt, dass der Leistungsempfänger keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat, wenn er ortsabwesend ist. Der zeit- und ortsnahe Bereich ist in der Erreichbarkeitsano...

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