Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12. eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Prüfungsmaßstab. Bestimmung des Datums des Inkrafttretens. Orientierung an § 77 Abs 2 SGB 12

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Prüfungsmaßstab bei einer Anfechtungsklage gegen eine Entscheidung einer Schiedsstelle nach § 80 SGB XII

2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII im Hinblick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schiedsspruches trotz gegenteiligen Antrags eines Beteiligten an § 77 Abs 2 SGB XII orientiert.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.07.2014; Aktenzeichen B 8 SO 2/13 R)

 

Tenor

I. Die Klage der Klägerin wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten ihrer Klage zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache noch um den Zeitpunkt des Inkraftsetzens eines Schiedsstellenspruchs der A. - Sozialhilfe gemäß § 77 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Ursprünglich ging der Streit auch um die Höhe der Festsetzung von Vergütungen nach den §§ 75 ff SGB XII für die Werkstätten N. (Töpferei), S. und G. der Beklagten.

Die Klägerin betreibt in B-Stadt drei Werkstätten mit insgesamt sieben Standorten, in denen Menschen mit geistiger Behinderung betreut werden. Dabei umfasst der G. 70 Plätze, die Werkstatt N. 156 Plätze und die Werkstatt S. 304 Plätze.

Die Beteiligten schlossen zuletzt für diese drei Werkstätten seit dem 01.01.2004 geltende Vergütungsvereinbarungen. Im Juli 2007 nahmen die Beteiligten Verhandlungen über neue Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen auf und schlossen mit Wirkung vom 01.01.2009 neue Leistungsvereinbarungen. Die Vergütungsverhandlungen scheiterten daran, dass die Kalkulationen von Klägerin und Beklagtem teilweise differierten.

Mit Schriftsätzen vom 30.07.2009 bzw. 05.08.2009 beantragten die Beteiligten die Festsetzung der Vergütung durch die A. - Sozialhilfe gemäß ihrer jeweiligen Berechnungen, die Klägerin für die Zeit ab dem 01.02.2009, der Beklagte für die Zeit ab dem 01.08.2009.

Während des Schiedsstellenverfahrens erzielten die Beteiligten eine Einigung hinsichtlich der beim Sachaufwand zu berücksichtigenden Kosten.

Die Schiedsstelle setzte mit Beschluss vom 01.12.2009 ab 01.08.2009 bis 31.01.2010 die Vergütungen kalendertäglich und pro Platz wie folgt fest:

G.:     

MP HBG 1

20,11 €

MP HBG 2

37,25 €

Grundpauschale

 9,18 €

N.:     

MP HBG 1

19,82 €

MP HBG 2

38,62 €

Grundpauschale

 8,88 €

S.:     

MP HBG 1

19,87 €

MP HBG 2

37,52 €

Grundpauschale

 8,14 €

Zur Begründung führte die Schiedsstelle unter anderem aus, die Schiedsstelle habe die Festsetzung nur für den Zeitraum vom 01.08.2009 bis 31.01.2010 getroffen, weil nach § 77 Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB XII eine Festsetzung der Vergütung vor dem Tag, an dem der Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen sei, nicht zulässig sei. Die Schiedsstelle führe in ständiger Praxis zunächst einen sogenannten internen Vergleich durch. Dabei überprüfe sie die Posten in der vom Beklagten vorzulegenden prospektiven Kalkulation, die zwischen den Beteiligten strittig seien, an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit sowie daran, ob und inwieweit der in den einzelnen strittigen Kalkulationsposten eingestellte Aufwand notwendig sei, damit der Einrichtungsträger die vereinbarte Leistung erbringen kann.

Mit Schriftsatz vom 29.12.2009 hat die Klägerin Klage zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben und die auf Aufhebung des Schiedsspruches vom 01.12.2009 und auf Festsetzung der Vergütungen entsprechend dem Antrag der Klägerin im Schiedsstellenverfahren gerichtete Klage damit begründet, dass die Entscheidung der Schiedsstelle vom 01.12.2009 im Hinblick auf den Tag der Inkraftsetzung rechtswidrig sei. Die Verschiebung vom 01.02.2009 auf den 01.08.2009 bedeute Mindereinnahmen von 250.000,00 €. Im Übrigen habe die Schiedsstelle materiell rechtsfehlerhaft den so genannten externen Vergleich mit anderen Einrichtungen durchgeführt und im internen Vergleich wirtschaftliche Personalaufwendungen für die Leitung nicht berücksichtigt.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 29.12.2009 (Eingang beim LSG am 04.01.2010) ebenfalls Klage gegen den Beschluss der Schiedsstelle vom 01.12.2009 erhoben und beantragt, den Schiedsstellenanspruch aufzuheben, soweit dieser die Grundpauschale für die Werkstatt N. auf 8,08 € und die Grundpauschale für die Werkstatt S. auf 7,81 € festsetzt. Die Schiedsstelle habe die im externen Vergleich anzusetzenden Obergrenzen verschoben, indem sie eine Kostenanpassung durch den Beklagten mit einbezogen habe. Sie orientiere sich damit am zufälligen Ergebnis der Grundpauschale G.. Dieses sei zustande gekommen, da bestimmte Kostenpositionen von der Größe abhängig seien. Da der G. wesentlich weniger Plätze aufweise, sei es ermessensfehlerhaft, diesen Betrag auf die anderen Betriebe zu übertragen.

In der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2012 haben die Beteiligten...

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