Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bzw. auf Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII im Wege einstweiligen Rechtsschutzes: Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten. Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes
Leitsatz (amtlich)
Kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw. Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt mangels Bedürftigkeit.
Orientierungssatz
1. Sowohl § 19 Abs. 1 SGB XII, für Leistungen nach § 23 SGB XII, als auch § 9 Abs. 1 SGB II, für das Alg II, setzen eine Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten voraus, die nur gegeben ist, wenn der Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen gesichert und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erlangt werden kann.
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. zB LSG München, 17. Januar 2011, L 11 AS 889/10 B ER).
3. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. LSG München, 12. April 2010, L 11 AS 18/10 B ER).
Tenor
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 02.05.2016 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bzw. Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Die Antragstellerin (ASt) ist ungarische Staatsangehörige. Mit Bescheid vom 20.10.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.03.2016 gewährte der Antragsgegner (Ag) ihr und dem mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Herrn F. S. (S), einem griechischen Staatsangehörigen, Alg II. S wurden dabei Leistungen vom 01.09.2015 bis 29.02.2016 bewilligt, der ASt jedoch nur für die Zeit vom 01.09.2015 bis 16.11.2015, da sie ab dem 17.11.2015 keinen gültigen Arbeitnehmerstatus mehr habe. Widerspruch gegen den Bescheid wurde nach Aktenlage nicht eingelegt, jedoch beantragte S am 21.01.2016 die Überprüfung der Leistungsbeschränkung für die ASt auf die Zeit bis 16.11.2015. Den Überprüfungsantrag lehnte der Ag mit Bescheid vom 01.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2016 ab. Eine Klage ist dagegen nach Aktenlage nicht erhoben worden. Nachdem die ASt vom 15.02.2016 bis 27.02.2016 bei der Firma A. UG beschäftigt gewesen ist, bewilligte der Ag mit Änderungsbescheid vom 06.06.2016 auch der ASt Alg II für die Zeit vom 15.02.2016 bis 29.02.2016.
Mit Bescheid vom 07.06.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.06.2016 bewilligte der Ag der ASt vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.04.2016 bis 26.08.2016. Sie habe einen Arbeitnehmerstatus aufgrund ihrer schuldlosen Kündigung bis zum 26.08.2016 erhalten. Für März 2016 ergab sich wegen des anzurechnenden Einkommens kein Leistungsanspruch. Widerspruch wurde dagegen nach Aktenlage nicht eingelegt. Seit 13.05.2016 arbeiten die ASt und S bei der Firma B.. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt nach den Arbeitsverträgen jeweils 40 Stunden wöchentlich bei einem Bruttostundenlohn von 9,80 €.
Bereits am 31.03.2016 hat die ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Ein Leistungsantrag vom 10.02.2016, den sie zusammen mit S gestellt habe, sei bislang nicht bearbeitet worden. Seit 17.11.2015 erhalte sie keine Leistungen mehr. Nachdem das SG die Stadt N. mit Beschluss vom 01.04.2016 beigeladen hat, hat es diese mit Beschluss vom 02.05.2016 verpflichtet, vorläufig ab 31.03.2016 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis 31.08.2016 Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu gewähren, und im Übrigen den Antrag abgelehnt.
Dagegen hat die Beigeladene Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Auf Hinweis des Senates, dass u.a. im Hinblick auf die aufgenommene Arbeit seit 13.05.2016 kein Leistungsanspruch mehr bestehen dürfte, hat die ASt mitgeteilt, sie werde ihren Antrag nicht zurücknehmen, da es ihr um den Zeitraum vom 17.11.2015 bis 15.02.2016 gehe, für den der Ag die Bewilligung von Leistungen abgelehnt habe.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und begründet. Das SG hat allein in Unkenntnis de...