Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Vergütung eines Befundberichts des behandelnden Arztes des Verfahrensbeteiligten in einem Rentenrechtstreit. Sachverständiger Zeuge. Außergewöhnlicher Umfang. Zeitaufwand. Honorar nach Stundensätzen
Leitsatz (amtlich)
1. Maßstab bei der Beurteilung, ob ein Befundbericht außergewöhnlich umfangreich ist, ist im Wesentlichen der Umfang der Ausführungen des berichtenden Arztes.
2. Als außergewöhnlich umfangreich sieht der Senat einen Befundbericht grundsätzlich erst dann an, wenn er den Umfang von sechs vollen Seiten erreicht.
3. Bei der Ermittlung der Seitenzahl ist von einer Standardseite mit 30 Zeilen je 60 Anschlägen pro Seite (= 1.800 Anschläge pro Seite) auszugehen.
4. Die für die Erstellung des Befundberichts erforderliche Zeit ist nicht nach Stundensätzen zu honorieren.
5. Die vom Gesetzgeber eingeführte Limitierung der Entschädigung dient der Überschaubarkeit des Kostenrisikos und damit der Rechtssicherheit.
Normenkette
JVEG § 4 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Anl. 2 Nr. 201; ZPO § 414
Tenor
Die Entschädigung für die Abgabe des Befundberichts vom 20.03.2016 wird auf 47,95 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung für die Abgabe eines Befundberichts nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).
In einem beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) geführten Rechtsstreit in einer rentenversicherungsrechtlichen Angelegenheit erstellte der Antragsteller am 20.03.2016 auf Anfrage des Gerichts vom 11.02.2016 einen Befundbericht. Der Befundbericht umfasst rund neuneinhalb Seiten. Das Kuvert, mit dem der Befundbericht übersandt wurde, war mit 3,95 € frankiert.
Für den Befundbericht stellte der Antragsteller am 21.03.2016 einen Betrag in Höhe von 333,52 € in Rechnung, wobei er von vier Stunden Arbeitszeit mit einem Stundensatz von 50,- € bzw. 75,- € zuzüglich Umsatzsteuer ausging.
Mit Schreiben vom 31.03.2016 bewilligte die Kostenbeamtin des LSG, ausgehend von der Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG, eine Entschädigung in Höhe von 47,95 €.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 04.04.2016 gewandt und die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Befundbericht bewusst ausführlich abgefasst worden sei und er eine Kürzung angesichts der gesamten umfangreichen Daten, die er zusammengetragen und ausgewertet habe, nicht für gerechtfertigt halte.
II.
Die Entschädigung für den Befundbericht vom 20.03.2016 ist auf 47,95 € festzusetzen.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 04.04.2016 die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung dadurch beantragt, dass er sich gegen die von der Kostenbeamten gewährte Entschädigung wendet.
1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).
2. Entschädigung für den Befundbericht vom 20.03.2016
Die Entschädigung für die Abgabe des Befundberichts vom 20.03.2016 ist auf 47,95 € festzusetzen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.
Die Entschädigung stellt sich wie folgt dar:
2.1. Erstellung des Befundberichts
Für die Erstellung des Befundberichts steht dem Antragsteller ein Honorar von 44,- € zu.
Der Antragsteller ist als sachverständiger Zeuge im Sinne des § 414 Zivilprozessordnung tätig geworden. Er hat eigene Wahrnehmungen von vergangenen Tatsachen und Zuständen bekundet, für die eine besondere Sachkunde, hier die medizinisch-ärztliche, erforderlich ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.11.1991, Az.: 9a RV 25/90).
Für den sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis einschließlich der Regelungen über deren Entschädigung nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelung in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er in der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG aufgeführte Leistungen erbringt. Die Vorschriften der GOÄ sind nic...