Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Rechtsanwaltsgebühr. Entziehung der Zulassung. Vertragszahnarzt. Schätzung. wirtschaftliches Interesse. 5-Jahreszeitraum. eingeschränkte Praxisausübung

 

Orientierungssatz

In vertragszahnärztlichen Zulassungsentziehungsverfahren ist der Gegenstandswert in der Regel in Höhe der Einnahmen anzusetzen, die der (Zahn)arzt im Falle der Weiterführung seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit innerhalb der nächsten fünf Jahre erzielen hätte können, wobei die erzielbaren Einkünfte um die durchschnittlichen Praxiskosten zu vermindern sind. Die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles sind dabei jedoch zu berücksichtigen (hier: eingeschränkte Praxisausübung, keine Abrechnung der vertragszahnärztlichen Leistungen in bestimmten Quartalen).

 

Tatbestand

In diesem Beschwerdeverfahren geht es um den Gegenstandswert des Klageverfahrens mit dem Az.: S 21 KA 5242/98 (Zulassungsentziehungsverfahren).

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens nahm seit Mai 1986 an der vertragszahnärztlichen Versorgung in München teil.

Mit Bescheid des Beigeladenen zu 1) vom 5. Dezember 1995 wurde gemäß § 81 Abs.5 SGB V das Ruhen der Zulassung der Klägerin zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis einschließlich 31. Mai 1996 angeordnet (insbesondere wegen Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, wegen Abrechnung von außervertragszahnärztlichen Leistungen als vertragszahnärztliche Leistungen, wegen fahrlässigen Falschabrechnungen und wegen fortlaufender Unwirtschaftlichkeit). Der Ruhensbescheid wurde am 1. Januar 1996 rechtswirksam.

Auf Antrag des Beigeladenen zu 3) vom 17. Juni 1996, dem sich die Beschwerdeführerin (Bfin.) sowie die Beigeladenen zu 5) und 6) angeschlossen haben, entzog der Zulassungsausschuss für Zahnärzte - Südbayern - der Klägerin die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit (Beschluss vom 22. Januar 1997, ausgefertigt am 1. Juli 1997).

Gegen diesen am 30. Juli 1997 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 30. Juli 1997 Widerspruch eingelegt.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid des Antragsgegners vom 9. September 1998 zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung des Zulassungsentzugs angeordnet.

Gegen den am 14. September 1998 zugestellten Bescheid erhob die Klägerin am 18. September 1998 Klage zum Sozialgericht München.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 10. Dezember 1999 den Bescheid des Zulassungsausschusses für Zahnärzte - Südbayern - vom 1. Juli 1997 in der Fassung des Bescheides des Antragsgegners vom 9. September 1998 aufgehoben.

Die Klägerin hat in den Abrechnungsquartalen 4/97 bis 2/98 keine vertragszahnärztlichen Leistungen über die Beigeladene zu 1) abgerechnet.

Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1999 hat der Beschwerdegegner (Bg.) die Festsetzung des Gegenstandswertes nach dem Jahresumsatz der Kassenpraxis beantragt, der durchschnittlich bei 300.000,00 DM gelegen habe. Auf Anfrage des Sozialgerichts (SG) hat die Beigeladene zu 1) die Umsätze der Klägerin in den Jahren 1991 bis 1995 mitgeteilt. Der Beigeladenen zu 1) lägen darüber hinaus keine Kennzahlen für Betriebskosten von Praxen mit angestellten Zahntechnikern vor. Nach dem statistischen Jahrbuch der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (1999) lägen die Betriebsausgaben einer bundesdeutschen Zahnarztpraxis (Durchschnitt) bei ca. 72 %. Darin seien insbesondere die Personalausgaben, Ausgaben für Fremdlaboratorien sowie die restlichen Betriebsausgaben wie Miete, Abschreibungen, Verbrauchsmaterialien etc. enthalten.

Das SG München hat mit Beschluss vom 25. Mai 2000 den Gegenstandswert des Klageverfahrens mit dem Az.: S 21 KA 5242/98 auf DM 495.409,55 festgesetzt. Bei Streitigkeiten über die Entziehung einer Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit sei von den Honorareinnahmen abzüglich der Praxiskosten, die dem Vertragszahnarzt infolge der Zulassungsentziehung schätzungsweise entgangen seien, auszugehen (Hinweis auf Beschluss des BSG SozR 1930 § 8 BRAGO Nr.2). Die Einnahmen der Klägerin aus der vertragszahnärztlichen Tätigkeit hätten nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beigeladenen zu 1) in den letzten fünf Jahren vor der Anordnung des Ruhens der Zulassung DM 1.981.638,20 betragen (Hinweis auf Beschluss des Senats vom 22. Oktober 1987, Az.: L 12 B 187/87 Ka). Von dieser Summe sei bei der Bemessung des Gegenstandswertes auszugehen (Zukunftsprojektion), da die Klägerin einen Zahntechniker beschäftigt habe, habe das Gericht ihre Betriebsausgaben mangels anderer Anhaltspunkte auf 75 % festgesetzt. Die Reineinnahmen hätten sich somit auf DM 495.409,55 belaufen. Diesem Betrag entspreche der Gegenstandswert.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bfin. vom 12. Juli 2000. Das Gericht habe die Gegenstandswertfestsetzung zutreffend auf den Praxisumsatz bezogen. Fehlerhaft sei der Beschluss dahingehend, dass nicht der Praxisumsatz der letzten fünf Jahre vor dem Zulassungsentzug, sondern der Praxisumsatz vor dem Ruhen der Zulassung herangezogen wo...

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