Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Richterliche Eingangsverfügung hinsichtlich der Einreichung von Abschriften
Leitsatz (amtlich)
Zur Verpflichtung der Beteiligten, Mehrfertigungen von Schriftsätzen und Anlagen zu übermitteln
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 29.05.2017 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Streitig ist die Festsetzung der Dokumentenpauschale für die Anfertigung von Abschriften in einem Verfahren nach § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Beschwerdeführerin war Klägerin des Verfahrens S 2 KR 1421/14. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob der beklagten Krankenversicherung gegen die Beschwerdeführerin eine Forderung in Höhe von 2.356,62 € zusteht. Die Beklagte hatte mit einem Schreiben vom 25.03.2014 die Überprüfung eines Behandlungsfalles unter Berufung auf Regelungen in einem Rahmenvertrag für häusliche Krankenpflege gemäß § 132a SGB V vom 01.05.2005 eingeleitet. Die Beschwerdeführerin hat sich in ihrer Klageschrift mehrfach auf diesen Rahmenvertrag bezogen.
Die Bestätigung des Klageeingangs (noch unter dem Aktenzeichen S 29 P 317/14) vom 24.11.2014 enthielt folgenden Passus:
"Es wird gebeten, ..... in Zukunft alle Schriftsätze sowie nach Möglichkeit die Unterlagen 2-fach einzureichen."
Den gleichen Zusatz enthielt die Mitteilung vom 08.12.2014, dass das Verfahren unter dem neuen Aktenzeichen S 2 KR 1421/14 geführt werde, da es sich um ein Verfahren aus dem Bereich Krankenversicherung handele.
Am 13.05.2015 verfügte der Vorsitzende:
"Vfg
KlBev Vorlage Vertrag HKP der Kl mit Bekl (6 Wo)
WV 1.7."
Aufgrund dieser Verfügung lief folgendes Schreiben mit Datum 18.05.2015 aus:
" ... wird um Vorlage des HKP-Vertrages der Klägerin mit der Beklagten (2-fach) binnen sechs Wochen gebeten."
Nach Erinnerung vom 10.07.2015 ging am 11.08.2015 ein Schriftsatz des Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin vom 10.08.2015 ein, mit dem ein "Vertrag gem. § 132a SGB V für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V" zwischen der Beschwerdeführerin, der Beklagten und weiteren Krankenkassenverbänden mit einer Unterschrift für die Krankenkassen vom 16.02.2009 und ohne Unterschrift der Beschwerdeführerin, in Kraft ab 01.01.2009, sowie Vergütungsvereinbarungen einfach übersandt wurde. Der Vorsitzende verfügte, den Schriftsatz an die Beklagte zur Kenntnis zu übersenden. Es wurden Kopien des Schriftsatzes vom 10.08.2015 sowie der Anlagen gefertigt und mit gerichtlichem Schreiben vom 24.08.2015 an die Beklagte übersendet.
Mit Gerichtskostenfeststellung vom 30.11.2016 wurden von der Beschwerdeführerin gemäß § 197a SGG, GKG, KV-Nr. 9000 9,50 € für Ablichtungen angefordert, die angefertigt worden seien, weil es die Beschwerdeführerin unterlassen habe, die erforderliche Zahl von Ablichtungen beizufügen.
Hiergegen hat die Beschwerdeführerin durch ihren Bevollmächtigten am 02.12.2016 Erinnerung eingelegt. § 197a SGG in Verbindung mit GKG und KV-Nr. 9000 bilde keine Rechtsgrundlage für den Ansatz der Kosten. Die Vorschrift des § 93 S. 3 SGG sei lex specialis. Hiernach seien vorliegend aber keine Kosten angesetzt worden. Es werde bestritten, dass für die Anfertigung von 19 Kopien beim SG München Kosten in Höhe von 9,50 € entstanden seien. Diese Vorschrift sehe keinen Kostenansatz von 9,50 € für 19 Kopien vor. Zudem räume § 93 S. 3 SGG Ermessen ein, Ermessenserwägungen enthalte die Kostenfestsetzung jedoch nicht. Es sei ermessensfehlerhaft, die Kosten zu verlangen, da in vergleichbaren Fällen auch keine Kopien angefordert würden. So müsse ein Sachverständiger das Gutachten nur in einfacher Ausfertigung einreichen. Das Gericht kopiere auch Schriftsätze der Sozialleistungsträger, ohne Kosten geltend zu machen, wenn diese es verabsäumten, Abschriften beizufügen. Auch Kopien aus Akten der Sozialleistungsträger für die klagende Partei würden der Beklagten nicht in Rechnung gestellt. Dies begründe einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Vorliegend sei die Fertigung von Kopien auch nicht erforderlich gewesen, da die Beklagte über die kopierten Unterlagen unzweifelhaft selber verfügt habe. Insoweit werden auf § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwiesen. Zudem habe das Gericht den HKP-Vertrag auch von der Beklagten anfordern können. Es liege eine fehlerhafte Sachbehandlung vor, so dass von der Kostenerhebung in entsprechender Anwendung des § 21 Abs. 1 S. 1 GKG abzusehen sei.
Der Erinnerungsgegner und hiesige Beschwerdegegner verwies darauf, dass sich die Befugnis, Mehrausfertigungen anzufordern, aus § 93 SGG ergebe. Dessen Satz 3, der Ermessen einräume, sei in Gerichtskostenfällen nicht anwendbar, da nach dem gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 GKG anwendbaren § 9 Abs. 3 GKG die Dokumentenpauschale sofort mit ihrer Entstehung fällig werde. Mit Eingang eines Schriftsatzes, der nicht der richterlichen Anordnung nach § 93 SGG entspreche, entstehe die Dokumentenpauschale automatisch. In entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 2 KostVfG würde sie aber erst bei Beendigung des Rechtszuges angesetzt, wenn kein Verl...