Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung durch einstweiligen Rechtschutz: Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens einer Bedarfsgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Zur eidesstattlichen Versicherung als Beweismittel im Eilverfahren.
Orientierungssatz
1. Das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt wird nicht von der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II umfasst, sondern verkörpert eine Voraussetzung, damit die Vermutungswirkung überhaupt eintreten kann (vgl. auch LSG München, 25. Januar 2008, L 7 AS 72/07).
2. Nach § 920 Abs. 1 ZPO kann eine Glaubhaftmachung auch durch eine eidesstattliche Versicherung erfolgen. Sie dient im Rahmen der Glaubhaftmachung jedoch lediglich als Beweismittel, nicht als feste Beweisregel (§ 286 Abs. 2 ZPO). Die eidesstattliche Versicherung unterliegt insoweit dann - wie alle Beweismittel - auch immer einer Beweiswürdigung. Das gilt insbesondere für die Frage der Glaubwürdigkeit des Inhalts der eidesstattlichen Versicherung (LSG München, 2. April 2015, L 8 SO 56/15 B ER).
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 31. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antragstellerin und Beschwerdeführerin wird für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin B., A-Stadt, beigeordnet.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg) im Rahmen des Eilverfahrens vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 15.10.2018.
Die 1974 geborene Bf mit rumänischer Staatsangehörigkeit war in Deutschland berufstätig. Am 01.11.2015 bezog sie in A-Stadt, A-Straße 12, eine 47 qm große Zweizimmerwohnung, für die sie als Alleinmieterin monatlich 1300,00 EUR Warmmiete zahlte.
Im 14.7.2016 erfolgte in Rumänien die Scheidung der Bf von ihrem in Rumänien lebenden Ehemann. Bei der Scheidung verpflichtete sich die Bf, für die gemeinsamen, beim Vater in Rumänien lebenden 2001 und 2003 geborenen Kinder monatlich jeweils 150,00 EUR an Unterhalt zu zahlen.
Am 01.09.2016 zog die Bf gemeinsam mit Herrn B. (B), mit dem sie nach den Ermittlungen des Bg bereits in der Wohnung in der A-Straße12 gewohnt hatte, in die nunmehr bewohnte 60 qm große Zweizimmerwohnung um. Alleinmieter der neuen Wohnung mit einer Gesamtmiete von 830,00 EUR (690,00 EUR Kaltmiete und 140,000 EUR Vorauszahlung für Betriebskosten und Heizung) ist Herr B. Auf dem Mietvertrag sind handschriftlich die Handynummern von Herrn B und der Bf vermerkt, wobei der Name der Bf bei ihrer Handynummer handschriftlich vermerkt ist.
Nachdem die Bf arbeitsunfähig erkrankt war, erhielt sie ab 17.04.2017 Krankengeld und nach den Angaben des Bg auch bis Oktober 2017 Leistungen nach dem SGB II. In dieser Zeit vereinbarten Herr B und die Bf einen "Untermietvertrag" mit Wirkung ab 01.08.2017, wonach die Bf an Herrn B monatlich 550,00 EUR Warmmiete (§ 2 des Untermietvertrags: "Miete und Nebenkosten") in bar zahlen sollte. Im Untermietvertrag finden sich keine Angaben zur Größe der einzelnen Zimmer. Vermerkt ist nur, dass die Bf "1 Zimmer" angemietet habe und Küche, Bad und WC mitnutzen könne.
In der Zeit vom 15.01.2018 bis 21.06.2018 erhielt die Bf Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd.
Am 25.06.2018 sprach die Bf beim Bg vor und beantragte Leistungen nach dem SGB II. Sie sei bis zu drei Stunden am Tag erwerbsfähig
Mit Schreiben vom selben Tag forderte der Bg die Bf auf, bis 14.07.2018 zahlreiche Unterlagen vorzulegen und belehrte darüber, dass nach derzeitigem Sachstand beabsichtigt sei, von der Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I Gebrauch zu machen und die beantragten Leistungen bei Nichtvorlage der geforderten Unterlagen in vollem Umfang zu versagen. Nachdem die Bf den am 02.07.2018 unterschriebenen Hauptantrag mit einigen Unterlagen am 03.07.2018 eingereicht hatte, forderte der Bg die Bf mit Schreiben vom 04.07.2018 auf, weitere fehlende Unterlagen bis 21.07.2018 einzureichen und belehrte erneut über die Möglichkeit der Versagung von Leistungen.
Mit Bescheid vom 23.07.2018 versagte der Bg Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung gem. § 66 SGB I vollständig. Trotz Hinweises auf die Folgen fehlender Mitwirkung seien nach wie vor nicht alle Unterlagen vorgelegt worden, die entscheidungserheblich seien. Auch eine teilweise Bewilligung von Leistungen sei daher nicht möglich. Die geforderte Mitwirkung sei nicht unverhältnismäßig und zumutbar.
Hiergegen legte die Bf Widerspruch ein. Sie habe vom Schreiben des Bg vom 04.07.2018 erst nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus am 10.07.2018 Kenntnis nehmen können. Wegen Schmerzen nach der Operation habe sie die angeforderten Unterlagen erst am 20.07.2018 auf den Postweg geben können.
Mit Schreiben vom 09.08.2018 teilte der Bg der Bf mit, dass nach Prüfung der nunmehr vorliegenden Angaben und Nachweise die Bf mit Herrn B eine Bedarfsgemeinschaft bilde. Herr B sei dementsprechend mit Bescheid vom 09.08.2018 au...