Entscheidungsstichwort (Thema)
Fälligkeit der Verfahrensgebühr. Durchführung des Klageverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Ob eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergeht, ist offen, solange die Streitsache anhängig ist. Eine richterliche Verfügung auf Austragung der Streitsache als aaW erledigt, weil die nach § 6 Abs 1 Nr 4 GKG sofort fälligen Gerichtsgebühren seit 6 Monaten nicht bezahlt worden sind, beendet nicht die Rechtshängigkeit. Die Durchführung des Klageverfahrens ist nicht von der Zahlung der Gerichtskosten abhängig. Die Fälligkeit der Gerichtsgebühr hat lediglich den Kostenansatz und die Beitreibung durch die Gerichtskasse als Vollstreckungsbehörde zur Folge. Die Zulässigkeit einer endgültigen Streitwertfestsetzung ist daher nicht gegeben und die Kostenentscheidung angesichts der weiter bestehenden Rechtshängigkeit aufzuheben.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin vom 07.03.2006 wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 10.02.2006 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Klägerin hat am 20.04.2005 Klage gegen einen Bescheid der Beklagten vom 26.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 08.04.2005 erhoben, worin aufgrund einer Betriebsprüfung vom 22.06.2004 eine Gesamtsozialversicherungsbeitragsnachforderung in Höhe von 11.120,88 EUR geltend gemacht wurde.
Am 09.02.2006 verfügte der zuständige Richter die Austragung der Streitsache, da die Gerichtskosten seit sechs Monaten nicht gezahlt worden seien.
Mit Beschluss vom 10.02.2006 setzte das Sozialgericht den Streitwert auf 11.120,88 EUR fest und entschied unter Ziffer II, die Klägerin trage die Kosten des Verfahrens.
Gegen den am 16.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 07.03.2006 sofortige Beschwerde eingelegt, ohne diese bislang zu begründen.
II.
Das Sozialgerichtsgesetz (SGG) kennt die sofortige Beschwerde im Sinne des § 567 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht, vielmehr tritt an deren Stelle die Beschwerde nach dem SGG.
Die Beschwerde ist entgegen der Beschwerdebelehrung auch gegen die Entscheidung im Kostenpunkt statthaft. Zwar bestimmt § 158 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), der gemäß § 197 a Abs.1 SGG Anwendung findet, die Entscheidung über die Kosten sei unanfechtbar, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen sei. Ob eine Entscheidung in der Hauptsache tatsächlich nicht ergeht, ist offen, solange die Streitsache anhängig ist. Die seit 20.04.2005 bestehende Anhängigkeit ist durch die Verfügung des Richters vom 09.02.2006 bzw. die Nichtzahlung der gemäß § 6 Abs.1 Ziffer 4 Gerichtskostengesetz fälligen Gerichtsgebühren nicht beendet worden. Die Durchführung des Klageverfahrens ist nicht von der Zahlung der Kosten abhängig (§ 10 Gerichtskostengesetz). Weder das SGG noch das Gerichtskostengesetz sehen vor, dass im sozialgerichtlichen Verfahren vor Zahlung der Verfahrensgebühr keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden soll (§ 12 Gerichtskostengesetz; Hartmann, Kostengesetze, 34. Auflage, § 10 Gerichtskostengesetz Rz.5 ff.). Die Fälligkeit hat lediglich den Kostenansatz und die Beitreibung durch die Gerichtskasse als Vollstreckungsbehörde zur Folge.
Das Verfahren gilt auch nicht als erledigt, weil es weder unterbrochen oder ausgesetzt war oder geruht hat oder die Voraussetzungen der Ziffern 12.3.2 oder 12.3.3 der Aktenordnung für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Rechtssachen (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 01.07.2003) gegeben sind.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts ist erst zulässig, wenn eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt (§ 63 Abs.2 Gerichtskostengesetz). Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine vorherige endgültige Festsetzung des Streitwerts ist nicht erkennbar. Angesichts dessen Abhängigkeit von der im strittigen Bescheid bezifferten Forderung und von möglichen Änderungen im Laufe des Verfahrens erscheint eine endgültige Festlegung vor Abschluss des Verfahrens nicht geboten.
Die Kostenentscheidung ist angesichts der weiter bestehenden Anhängigkeit des Rechtsstreits aufzuheben. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung fordert, dass erst in der die Instanz beendenden Entscheidung einheitlich über sämtliche Kosten der Instanz entschieden wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 197 a Rz.10).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs.3 Satz 3 Gerichtskostengesetz).
Fundstellen