rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung. Gerichtsgebühr. Kostenansatz. Erörterungstermin. Rücknahme der Klage. Entscheidung über Gerichtskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Entscheidung, von Gerichtsgebühren abzusehen, ist grundsätzlich dem Kostenansatzverfahren vorbehalten.
2. Das Sozialgericht ist nicht befugt, eine Entscheidung gem. § 5 Abs. 1 GKG zu treffen.
3. Das Beschwerdegericht ist nicht berechtigt, die Voraussetzungen der Nr. 4110 KV zu prüfen.
Normenkette
SGG § 197a; VwGO § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 2, § 158 Abs. 2; GKG § 5 Abs. 1, § 8; KV Nrn. 4110-4111
Verfahrensgang
SG Regensburg (Entscheidung vom 29.03.2004; Aktenzeichen S 10 KR 88/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 29. März 2004 in Ziff. 2 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Klägerin wandte sich mit ihrer am 22. April 2002 erhobenen Klage gegen eine Beitragsnachforderung im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung gem. § 28 p Abs.1 SGB IV. Diese Klage nahm sie im Erörterungstermin am 19.09.2002 nach dem umfangreichen Sachvortrag des Vorsitzenden und seinem Hinweis auf die fehlende Erfolgsaussicht zurück.
Mit Beschluss vom 29. März 2004 hat das Sozialgericht neben der Streitwertfestsetzung unter Ziff.2 verfügt, dass Gerichtskosten, insbesondere die Gerichtsgebühr, nicht zu tragen seien. Begründet hat es dies mit dem Kostenverzeichnis, wonach dann im sozialgerichtlichen Verfahren keine Gebühr anfällt, wenn keine mündliche Verhandlung anberaumt und kein Beweisbeschluss ergangen oder keine Beweiserhebung angeordnet worden war (KV 4110). Zwar habe gem. § 154 Abs.2 VwGO i.V.m. § 197a SGG derjenige, der seine Klage zurücknehme, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Eine Gerichtsgebühr sei aber nicht fällig geworden, weil die Klage noch vor einer Handlung des Gerichts zurückgezogen worden sei.
Dieser Beschluss ist lediglich den Beteiligten des Klageverfahrens, nicht hingegen der Staatskasse zugestellt worden.
Gegen den Beschluss vom 29.03.2004 in Ziff.2 hat der Bezirksrevisor beim Bayer. Landessozialgericht mit Schriftsatz vom 21.07.2004 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, diese Entscheidung widerspreche eindeutig der sich aus § 155 Abs.2 VwGO ergebenden Kostentragungspflicht; soweit darin festgestellt werde, dass eine Gerichtsgebühr nicht zu tragen sei, sei dies ebenfalls rechtswidrig, da eine derartige Entscheidung nur in einem gerichtlichen Verfahren über eine nach § 5 Abs.1 Gerichtskostengesetz zulässig eingelegte Erinnerung ergehen könnte. Bislang sei jedoch noch kein Kostenansatz durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfolgt. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen der KV-Nr.4110 nicht erfüllt.
Die Staatskasse beantragt,
den Beschluss vom 29.03.2004 in Ziff.2 aufzuheben und festzustellen, dass ausgehend von dem Streitwert von 1.914,83 Euro für das vorliegend gewesene Klageverfahren von der Klägerin eine allgemeine Verfahrensgebühr nach KV-Nr.4110 zu § 11 Abs.2 Gerichtskostengesetz in Höhe von 73,00 Euro zu zahlen ist. Hilfsweise wird nur eine Aufhebung des Beschlusses vom 29.03.2004 in Ziff.2 beantragt.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Beschwerdegegenstand ist eine Kostengrundentscheidung gem. § 197a SGG i.V. mit einer Kostennebenentscheidung im Sinne des § 8 Gerichtskostengesetzes. Der Tenor des Beschlusses vom 29.03.2004 ist in Anbetracht der Gründe dahin auszulegen, dass die Klägerin trotz ihrer grundsätzlichen Kostentragungspflicht gem. § 154 Abs.2 SGG von der Gerichtsgebührenpflicht freigestellt werden soll. Um eine Entscheidung gem. § 5 Abs.1 Gerichtskostengesetzes kann es sich trotz der Bezugnahme auf KV-Nr.4110 schon deshalb nicht handeln, weil, wie der Bezirksrevisor zutreffend feststellt, sowohl ein Kostenansatz durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle als auch eine von Klägerin oder Staatskasse eingelegte Erinnerung fehlen.
Der Hilfsantrag des Beschwerdeführers ist zulässig und begründet.
Die Beschwerde ist nach § 5 Abs.2 Gerichtskostengesetz zulässig. Ein Beschwerdeauschluss gem. § 158 Abs.2 VwGO kommt nicht in Betracht. Zwar ist in den Fällen, in denen in der Hauptsache eine Entscheidung nicht ergangen ist, die Entscheidung über die Kosten nicht anfechtbar (Beschluss des 5.Senats vom 29.07.2004, Az.: L 5 B 239/04 KR). Davon zu unterscheiden ist jedoch die grundsätzlich dem Kostenansatzverfahren vorbehaltene Entscheidung, von Gerichtsgebühren abzusehen. Diese Entscheidung ist auch dann nach § 5 Abs.2 Gerichtskostengesetz beschwerdefähig, wenn sie - wie hier - bereits in Verbindung mit einer Kostengrundentscheidung ergeht (ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.11.1994, Az.: 13 E 11732/94 m.w.N.). Der Hilfsantrag des Beschwerdeführers ist begründet. Die Nichterhebung von Kosten kann nicht auf § 8 Gerichtskostengesetz gestützt werden. Danach werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Das gleiche gilt...