Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. kostenpflichtiges Verfahren. Vergleichsabschluss. Verfahrensgebühr. Einbeziehung weiterer Ansprüche in den Vergleich. Berücksichtigung des Vergleichsmehrwerts
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 63 GKG (juris: GKG 2004) ist ein Streitwert festzusetzen, wenn Gerichtsgebühren erhoben werden.
2. Wird ein Vergleich in einem nach § 197a SGG kostenpflichtigen Verfahren geschlossen, wird der gerichtliche Vergleich durch die in diesem Verfahren erhobene allgemeine Verfahrensgebühr abgegolten, sofern er lediglich den bisherigen Verfahrenswert betrifft.
3. Soweit in einem sozialgerichtlichen Verfahren ein Vergleich (auch) über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird, fällt - neben der allgemeinen Verfahrensgebühr - eine besondere Gerichtsgebühr nach Nr 7600 KV GKG (juris: Anl 1 GKG 2004) für den Mehrwert des gerichtlichen Vergleichs an. Für diese Gerichtsgebühr bedarf es einer Wertfestsetzung durch das Gericht. Neben dem Streitwert des Verfahrens, der Grundlage für die allgemeine Verfahrensgebühr ist, ist daher auch der Mehrwert des Vergleichs festzusetzen.
4. Werden anderweitig gerichtlich anhängige Gegenstände mitverglichen, entsteht keine besondere Gerichtsgebühr. Ein Vergleichsmehrwert ist insoweit nicht festzusetzen.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 13.05.2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit vorliegender Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer, der im Ausgangsverfahren Prozessbevollmächtigter der klagenden GmbH war, gegen die Festsetzung des Streitwerts für einen gerichtlichen Vergleich.
Im Verfahren S 12 KR 383/16 vor dem Sozialgericht Augsburg (SG) stritten die Beteiligten über Forderungen von insgesamt 11.527,07 Euro. Der Rechtsstreit wurde durch Abschluss eines Vergleichs beendet, in den weitere Ansprüche in Höhe von insgesamt 385.125,07 Euro einbezogen wurden. Ein Teil der im Vergleich mitgeregelten Ansprüche (in Höhe von insgesamt 368.220,92 Euro) war Gegenstand anderer anhängiger Gerichtsverfahren. Die Beteiligten waren sich einig, dass mit Abschluss dieses Vergleichs auch diese Verfahren insgesamt erledigt sind (Ziff. 6. des Vergleichs). Ein anderer Teil der mitverglichenen Ansprüche betraf nicht anhängige Ansprüche in Höhe von insgesamt 16.904,15 Euro.
Das SG hat mit Beschluss vom 13.05.2020 den Streitwert für das Klageverfahren auf 11.527,07 Euro und den Streitwert für den gerichtlichen Vergleich auf 28.421,22 Euro festgesetzt.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 12.06.2020 im eigenen Namen, hilfsweise im Namen der Klägerin, Beschwerde erhoben und beantragt, einen Vergleichsmehrwert in Höhe von 385.125,07 Euro festzusetzen. Da ein Gesamtvergleich geschlossen worden sei, der auch anhängige Verfahren umfasse, seien diese im Rahmen des Vergleichsmehrwerts ebenfalls zu berücksichtigen. Verwiesen wurde auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.01.2018, XII ZB 248/16.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beklagte hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte des Sozialgerichts und der Beklagtenakte Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet vorliegend gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG in der Besetzung mit drei Berufsrichtern.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig, insbesondere ist sie nach § 68 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG). Dem Beschwerdeführer steht nach § 32 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ein eigenes Beschwerderecht zu.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat bei der Streitwertfestsetzung einen Vergleichsmehrwert für die mitverglichenen anderweitig anhängigen Verfahren zu Recht nicht festgesetzt.
Nach § 63 GKG ist ein Streitwert festzusetzen, wenn - wie hier bei einem nach § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) kostenpflichtigen Verfahren - Gerichtsgebühren erhoben werden.
Wird in einem Verfahren ein Vergleich geschlossen, wird der gerichtliche Vergleich durch die in diesem Verfahren erhobene allgemeine Verfahrensgebühr abgegolten, soweit er lediglich den bisherigen Verfahrenswert betrifft (Toussaint in: Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50. Aufl. 2020, KV 1900 GKG, Rn 8).
Soweit in einem (sozialgerichtlichen) Verfahren ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird, fällt nach Nr. 7600 KV GKG (in zivilrechtlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten nach Nr. 1900 KV GKV) eine besondere Gerichtsgebühr für den Mehrwert des gerichtlichen Vergleichs an. Für diese Gerichtsgebühr bedarf es einer Wertfestsetzung durch das Gericht. Das Gericht hat in einem solchen Fall neben dem Streitwert des Verfahrens, der Grundlage für die allgemeine Verfahrensgebühr ist, auch den Mehrwert des Vergleichs festzusetzen.
Soweit ein Vergleich über anderweitig gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird...