Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Formgerechte Zustellung per Einschreiben mit Rückschein bei Nichtabholung. Überprüfung der Auferlegung von Verschuldenskosten durch das Sozialgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
Eine Zustellung per Einschreiben mit Rückschein ist bei Nichtabholung des Schriftstückes bei der Post und Rücksendung durch die Post als nicht formgerecht erfolgt anzusehen.
Die Auferlegung von Gerichtskosten gemäß § 192 SGG ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu prüfen.
Tenor
I. Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.07.2017 - S 4 AS 257/17 - werden verworfen.
II. Die Anträge der Kläger auf Aufhebung der im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.07.2017 - S 4 AS 257/17 - getroffenen Entscheidung, ihnen Gerichtskosten in Höhe von jeweils 150,00 € aufzuerlegen (II. des Gerichtsbescheides), werden abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Das Sozialgericht Bayreuth (SG) hat mit Gerichtsbescheid vom 28.07.2017 unter Punkt I. die Klagen der Kläger gegen einen allein die Klägerin zu 1) betreffenden Sanktionsbescheid abgewiesen und den Klägern Gerichtskosten in Höhe von jeweils 150,00 € auferlegt. Die Klage des Klägers zu 2) gegen den allein die Klägerin zu 1) betreffenden Sanktionsbescheid vom 08.05.2017 sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig; er sei davon nicht betroffen. Die Klage der Klägerin zu 1) sei mangels Durchführung des Widerspruchsverfahrens unzulässig, wäre aber auch unbegründet. Wegen der Aussichtslosigkeit der Klagen hätten sie jeweils Gerichtskosten in Höhe von 150,00 € zu tragen (Punkt II.).
Die Gerichtsbescheide sollten durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden, kamen aber als "Nicht abgeholt" zurück. Mit Schreiben vom 22.11.2017 hat das SG die Gerichtsbescheide nochmals formlos an die Kläger übersandt.
Am 16.01.2018 haben die Kläger Nichtzulassungsbeschwerden durch Niederschrift des SG erhoben und die Aufhebung des Gerichtsbescheides und der Gerichtskosten begehrt. Der Gerichtsbescheid sei ihnen nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Auf Nachfrage des Gerichts haben sie mitgeteilt, den Gerichtsbescheid hätten sie Ende November 2017 erhalten. Die Beschwerdefrist sei versäumt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die am 16.01.2018 zur Niederschrift des Sozialgerichts erhobene und am 19.01.2018 beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, sie sind verfristet erhoben worden.
Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind die Beschwerden beim LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen. Zwar sind die Gerichtsbescheide den Klägern nicht formgerecht per Einschreiben mit Rückschein - wie vom SG verfügt - zugestellt worden, denn eine Aushändigung ist nicht erfolgt. Die Kläger haben die Gerichtsbescheide auch nicht bei der Post abgeholt, so dass diese als "Nicht abgeholt" zum SG zurückkamen. Damit ist eine formgerechte Zustellung gemäß § 175 Zivilprozessordnung (ZPO) iVm § 63 SGG nicht erfolgt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 63 Rn. 9a). § 179 ZPO greift bei der Zustellung mittels Einschreibens nicht ein (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2010 - L 2 SO 18/10 - veröffentlicht in Juris). Allerdings haben die Kläger die Entscheidungen des SG als Anlage zum Schreiben des SG vom 22.11.2017 tatsächlich spätestens Ende November - so die Mitteilung der Kläger auf Nachfrage des LSG - erhalten. Damit ist der Zustellungsmangel gemäß § 189 ZPO geheilt, so dass die Frist zur Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde spätestens am 01.12.2017 zu laufen beginnt und am 02.01.2018 (31.12.2017 = Sonntag, 01.01.2018 = Feiertag) abgelaufen ist (vgl. dazu auch: BSG, Beschluss vom 15.11.2010 - B 8 SO 71/10 B - veröffentlich in Juris).
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG werden von den Klägern nicht genannt und sind für den Senat auch nicht ersichtlich.
Die Anträge der Kläger auf Aufhebung der Gerichtskosten in Höhe von jeweils 150,00 € sind ebenfalls abzulehnen. Eine Überprüfung der Kostenentscheidung des SG im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde ist dem Senat verwehrt, nachdem die Nichtzulassung selbst unzulässig ist und eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung - samt Prüfung der Anwendung des § 192 SGG - nicht zur Zulässigkeit der Berufung führen kann (§ 144 Abs. 4 SGG). Damit kann auch diese Kostenentscheidung nicht gesondert mit der Beschwerde angefochten werden. Der Senat hat eine Kostenentscheidung nur dann zu treffen, wenn er im Rahmen einer zugelassenen bzw. zulässigen Berufung in der Hauptsache auch die Kostenentscheidung des SG zu prüfen hat (vgl. BSG, Beschluss vom 28.10.2010 - B 13 R 229/10 B - veröffentlic...