Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache

 

Leitsatz (amtlich)

Allein die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss nicht immer einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zu einem Meldetermin darstellen.

 

Orientierungssatz

1. Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Die hierzu erforderliche Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage ist dann gegeben, wenn sie sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist oder praktisch von vorneherein außer Zweifel steht.

2. Für die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist maßgeblich, ob die Rechtsfrage entscheidungserheblich ist. Ist eine vom Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Leistungsträgers nicht entscheidungserheblich und damit auch nicht klärungsbedürftig, so fehlt es an der nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zur Zulassung der Berufung erforderlichen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.09.2017 - S 13 AS 59/17 - wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.11.2016 bis 31.01.2017 um 10 v. H. des Regelbedarfes.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 06.06.2016 Alg II für die Zeit vom 01.07.2016 bis 31.12.2016. Nachdem der Kläger zu einem Termin unter Vorlage einer am 05.09.2016 ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 05.09.2016 bis 23.09.2016 nicht erschienen war, lud der Beklagte ihn mit Schreiben vom 06.09.2016 zum 15.09.2016 erneut zur Besprechung seiner beruflichen Situation unter Erteilung einer Rechtsfolgenbelehrung ein. Im Falle des Nichterscheinens aus gesundheitlichen Gründen solle der Kläger eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, aus der hervorgehe, dass er aus gesundheitlichen Gründen gehindert sei, den Termin wahrzunehmen. Der Kläger erschien zum Termin nicht und berief sich im Rahmen der Anhörung auf die bereits vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 05.09.2016. Mit Bescheid vom 20.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2016 stellte der Beklagte den Eintritt einer Minderung in Höhe von 10 v. H. des Regelbedarfes (40,40 € monatlich für 2016) für die Zeit vom 01.11.2016 bis 31.01.2017 fest und hob die bereits bewilligten Leistungen für die Zeit vom 01.11.2016 bis 31.12.2016 auf. Mit Bescheid vom 15.11.2016 bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit vom 01.01.2017 bis 31.12.2017, wobei für Januar 2017 eine Minderung erfolgte.

Gegen den Bescheid vom 20.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Die vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genüge zur Annahme eines wichtigen Grundes für sein Nichterscheinen. Das SG hat am 13.09.2017 nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung beschlossen, nach Lage der Akten zu entscheiden und die Klage mit Urteil vom 13.09.2017 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Bei Vorliegen einer entsprechenden Vorgeschichte sei der Beklagte berechtigt, die Einladung mit dem Hinweis zu verbinden, eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung sei vorzulegen, um für das Nichterscheinen einen wichtigen Grund zu haben. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Er habe eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 05.09.2016 bis 23.09.2016 vorgelegt; dies genüge nach der Geschäftsanweisung der Bundesagentur. Aus § 309 Abs. 3 Satz 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 59 SGB II ergebe sich ebenfalls, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genüge. Ansonsten hätte der Beklagte eine ärztliche Untersuchung anordnen müssen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, de...

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