Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 15.12.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz.

III. Der Streitwert wird auf 470.588,30 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist eine auf Eisenverlegearbeiten spezialisierte Bauunternehmung mit Sitz in P. . Sie begehrt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens anzuordnen, dass die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Beitragsbescheid hergestellt wird.

Nach den Ergebnissen von Ermittlungen des Hauptzollamts L. sowie der Staatsanwaltschaft L. habe die Antragstellerin wenigstens zwischen dem 20.06.1996 und 20.06.2003 Werkverträge mit in der Türkei ansässigen Firmen geschlossen, die kein eigenes Personal beschäftigt und keine eigene Betriebsstruktur aufgewiesen hätten, um so den Einsatz von türkischen Arbeitnehmern in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Diese Arbeitnehmer seien nur zum Scheine im Rahmen von Werkvertragsvereinbarungen beschäftigt worden, tatsächlich aber von der Antragstellerin wie eigene Arbeitnehmer auf Baustellen eingesetzt worden, wo sie den Weisungs- und Kontrollrechten der Antragstellerin unterlegen hätten. Die eingesetzten Arbeitnehmer seien in Deutschland bar ausbezahlt worden, der gezahlte Lohn habe aber nicht die tarifliche Mindestlohnhöhe erreicht. Die Arbeitnehmer seien deshalb auch nicht im Rahmen von Werkverträgen tätig geworden für die türkischen Firmen, sondern tatsächlich als Arbeitnehmer der Antragstellerin eingesetzt worden. Es hätten deshalb nach deutschem Sozialversicherungsrecht beitragspflichtige Beschäftigungen vorgelegen. Die wöchentliche Arbeitszeit der türkischen Arbeitnehmer habe durchschnittlich 45 Stunden und im letzten halben Jahr ca. 55 Stunden in der Woche betragen. Ausgehend von den anzusetzenden Arbeitsstunden und einem tariflichen Stundenlohn ergäben sich insgesamt Arbeitsentgelte in Höhe von 2.025.102,43 Euro, aus denen Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten seien.

Zudem hatten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft L. und des Hauptzollamtes L. auch im Rahmen von Telefonüberwachungen ergeben, dass Arbeitnehmer der Antragstellerin, deren Arbeitsverhältnis in den Wintermonaten gekündigt gewesen seien, während des Bezuges von Leistungen der Arbeitslosenversicherung bei der Antragstellerin weiter beschäftigt worden seien. Diese hätte die Arbeitnehmer bar entlohnt, ohne aus den Vergütungen die fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträge abzuführen. Insoweit seien Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 99.265,56 Euro nachzuentrichten.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 13.11.2003 erließ die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin am 14.04.2004 einen Beitragsnachforderungsbescheid für den Prüfzeitraum 20.06.1996 bis 20.06.2003 und machte darin eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen über 975.243,08 Euro sowie Säumniszuschläge über 436.521,83 Euro geltend. In der Anlage listete sie insgesamt 1.056 Fälle der Scheinwerkverträge auf sowie 95 Fälle der Beschäftigung während der Arbeitslosigkeit (davon 77 namentlich benannte Arbeitnehmer).

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2005 als unbegründet zurück. Dagegen hat die Antragstellerin mit Eingang 01.03.2005 Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben (S 8 SF 5015/05).

Anträge vom 21.04.2004 und 30.04.2004, die sofortige Vollziehung des Betriebsprüfungsbescheides auszusetzen, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 30.04.2004 und 25.05.2004 ab.

Mit Schreiben vom 07.07.2004 beantragte die Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 14.04.2004 herzustellen. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung und die Vollziehung des Nachforderungsbescheides habe eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interesse gebotene Härte zur Folge.

Der Bescheid sei mangels vorheriger Anhörung der Antragstellerin verfahrensfehlerhaft. Es treffe nicht zu, dass die Werkverträge über Scheinfirmen und nur zum Scheine abgeschlossen worden seien. Vielmehr seien die türkischen Arbeitnehmer bei Subunternehmern der Antragstellerin beschäftigt gewesen. Diese seien nur im Rahmen von Gewerkerstellungen für die Antragstellerin tätig geworden, nicht jedoch als deren weisungsgebundene Arbeitnehmer. Die Beschäftigung von Arbeitnehmern während des Bezuges von Arbeitslosengeld habe tatsächlich stattgefunden, insoweit mache die Antragsgegnerin jedoch überhöhte Beträge geltend. Im Übrigen sei die Nachforderung durch eine hinterlegte Kaution beim Amtsgericht R. - Strafgericht - in Höhe 250.000,00 Euro gesichert. Schließlich sei die Antragstellerin auch nicht in der Lage, die entsprechenden Beitragsnachforderungen wirtschaftlich zu erbringen, es drohe ihre Insolvenz.

Zur Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches und des Anordnungsgrundes hat die Antragstellerin eine eidesstattliche V...

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