Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen. Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen zum Verhandlungstermin wegen einer Autopanne
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Entschädigung wegen eines gerichtlichen Termins setzt grundsätzlich voraus, dass der Betroffene auch beim gerichtlichen Termin erschienen ist.
2. Von diesem Grundsatz kann jedenfalls dann nicht abgewichen werden, wenn der Grund für das Nichterscheinen nicht in der Sphäre des Gerichts liegt.
3. Ein Anspruch auf Entschädigung nach dem JVEG besteht bei Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht, wenn es aufgrund einer Panne bei der Anreise zu Gericht nicht zum Erscheinen in der mündlichen Verhandlung gekommen ist.
Orientierungssatz
Im Beschwerdeverfahren über die Festsetzung einer Entschädigung für Zeugen und Sachverständige ist das Beschwerdegericht eine weitere Tatsacheninstanz, so dass zum Prüfungsumfang nicht nur die in der Beschwerde vorgetragenen Rügen zählen, sondern alle für die Bemessung der Vergütung relevanten Umstände. Allerdings findet eine Herabsetzung auch einer fehlerhaft bereits festgesetzten Entschädigung aufgrund des Verbotes der reformatio in peius nicht statt.
Tenor
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
II. Auf die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners hin wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 10. Dezember 2014 aufgehoben.
III. Der Beschwerdeführerin steht wegen des Gerichtstermins am 18. Dezember 2013 keine Entschädigung zu.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädiungsgesetz (JVEG) wegen eines Gerichtstermins, zu dem die Beschwerdeführerin als Zeugin geladen war, bei dem sie aber nicht erschienen ist.
In dem beim Sozialgericht (SG) Regensburg unter dem Aktenzeichen S 16 AL 239/13 geführten Klageverfahren wurde die Antragstellerin und jetzige Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin), die als selbständige Schneiderin eine Änderungsschneiderei betreibt, als Zeugin für eine mündliche Verhandlung am 18.12.2013 in Regensburg geladen. Wegen einer Autopanne bei der Anfahrt erschien die Beschwerdeführerin bei diesem Termin aber nicht.
Am 16.01.2014 legte sie als Bestätigung ihrer Verhinderung am 18.12.2013 die Quittung einer Kfz-Werkstätte vom 20.12.2013 über Kosten einer Pannenhilfe in Höhe von 147,56 € vor und beantragte die Erstattung. Weiter legte sie Quittungen über jeweils 90,- € für eine Vertretung in ihrer Änderungsschneiderei einerseits und eine Kinderbetreuung andererseits am 18.12.2013 vor.
Die Kostenbeamtin des SG lehnte mit Schreiben vom 16.01.2014 eine Erstattung der Kosten für die Pannenhilfe ab, da in den Regelungen des JVEG eine Erstattung der Auslagen für Pannenhilfe nicht vorgesehen sei.
Mit Eingang am 21.01.2014 äußerte sich die Beschwerdeführerin dahingehend, dass sie die Ablehnung der Kostenerstattung als Unverschämtheit empfinde. Zudem beantragte sie eine Entschädigung für Verdienstausfall für die Zeit von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr, für Fahrtkosten von ihrem Wohnort zum Pannenort (F-Stadt ) und die Erstattung von 40,- €, die sie einer Freundin wegen der Abholung vom Pannenort gezahlt habe. Diesen formlosen Entschädigungsantrag ergänzte sie durch einen auf dem gerichtlichen Formblatt gestellten Entschädigungsantrag vom 01.02.2014, mit dem sie einen Verdienstausfall für eine Zeit von nunmehr 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr zu einem Stundensatz von 15,- € sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis für 6 Stunden Kinderbetreuung, für Fahrtkosten für 120 km und für Zehrkosten in Höhe von 15,- € beantragte.
Die Kostenbeamtin des SG setzte mit Schreiben vom 17.04.2014 die Entschädigung mit 75,- € (Verdienstausfall von 4 Stunden zu je 15,- € und Fahrtkosten für insgesamt 60 km für die Fahrt vom Wohnort der Klägerin zum Pannenort und zurück, also 15,- €) fest.
Gegen diese Entschädigung hat sich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30.04.2014 gewandt und vorgetragen, dass sie ohne den Gerichtstermin keine Panne gehabt hätte und daher der Betrag von 147,56 € direkt an die Werkstatt, die das Auto abgeschleppt habe, zu überweisen sei.
Mit Beschluss vom 10.12.2014 hat das SG die Entschädigung wie bereits die Kostenbeamtin auf 75,- € festgesetzt.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26.01.2015 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben und diese, was die Erstattung der Kosten für Pannenhilfe angeht, wie folgt begründet: Die Kosten für die Panne seien ebenso wie die Reparaturkosten durch das Gericht zu übernehmen, da sie privat nicht an den Pannenort gefahren wäre. Die Beschwerdeführerin weiter: "Ihr könnt nicht von dem Wörtchen Wenn ausgehen. Wenn das Wörtchen Wenn nicht wär, wär mein Vater Millionär!" Zudem seien ihr die Kosten für die Aushilfe in der Schneiderei und die Kinderbetreuung zu erstatten.
Der Senat hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30.03.2015 darauf hingewiesen, dass fraglich sei, ob ihr überhaupt eine Entschädigung zustehe. Denn der ...