Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Erinnerung gegen Kostenansatz. bindende (fehlerhafte) Entscheidung über Kostenfreiheit im Hauptsacheverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Erinnerung nach § 66 Abs 1 Satz 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden.
2. Die im Hauptsacheverfahren getroffene Entscheidung zur Anwendung des § 197a SGG ist wegen der insofern eingetretenen Rechtskraft einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen.
3. Auch wenn eine im Hauptsacheverfahren getroffene Festlegung zu § 197a SGG falsch ist, darf sich der Kostenrichter im Rahmen der Entscheidung über die Erinnerung nicht über die im Hauptsacheverfahren erfolgte bindende Festlegung zur Anwendung des § 197a SGG hinwegsetzen und diese durch eine eigene Bewertung korrigieren.
Tenor
Die Gerichtskostenfeststellung vom 11. November 2015 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung der Urkundsbeamtin in einem Anhörungsrügeverfahren zu einem nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) kostenpflichtigen rentenversicherungsrechtlichen Rechtsstreit
Das zugrunde liegende Verfahren einer Anhörungsrüge gemäß § 178 a SGG (in der Folge: Hauptsacheverfahren) mit dem Aktenzeichen L 14 R 624/15 RG vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG), das sich an ein gemäß § 197 a SGG kostenpflichtiges Berufungsverfahren (Az.: L 14 R 296/13) angeschlossen hatte, endete mit Beschluss vom 22.10.2015. Mit diesem Beschluss wurde die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen. Ziff. II. des Tenors lautet wie folgt:
"Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten."
Die Kostenentscheidung wurde in den Gründen der vorgenannten Entscheidung auf die entsprechende Anwendung von § 193 SGG gestützt.
Mit Gerichtskostenfeststellung vom 11.11.2015 erhob die Kostenbeamtin des LSG beim Erinnerungsführer Kosten für das Verfahren der Anhörungsrüge in Höhe von 60,- €.
Dagegen hat sich der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 13.11.2015 gewandt. Die Erinnerung hat er wie folgt begründet:
Er habe gegen die Kostengrundentscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde erhoben. Die Voraussetzungen des § 197 a SGG lägen nicht vor, da er als Bezieher einer Rente zu den Personen des § 183 SGG gehöre. Zudem stelle er fest, dass er keine Klage vor den Sozialgerichten erhoben habe. Seine Klage habe sich entsprechend der Rechtmittelbelehrung der Oberfinanzdirektion Hannover an das Arbeitsgericht bzw. Landesarbeitsgericht Celle bzw. Hannover gerichtet. Nach Verweisung durch das Arbeitsgericht Celle an das Sozialgericht Lüneburg hätten sich fünf Gerichte für unzuständig erklärt, bis dann das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag des Verwaltungsgerichts Augsburg das Verfahren an die Sozialgerichtsbarkeit verwiesen habe. Dies habe er nicht zu verantworten und daher auch keine Verfahrenskosten zu tragen; dies liege ausschließlich in der Verantwortung der ohne seine Veranlassung beteiligten Gerichte. Er gehe davon aus, dass nach erfolgreichem Abschluss der Verfassungsbeschwerde die Kosten erstattet würden.
Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens und des vorhergehenden Berufungsverfahrens beigezogen.
II.
Die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist auch begründet.
Bei dem zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren handelt es sich nach den für den Kostensenat bindenden Festlegungen des Gerichts der Hauptsache nicht um ein Verfahren gemäß § 197 a SGG, sodass Gerichtskosten nicht zu erheben waren.
1. Prüfungsumfang bei der Erinnerung
Eine Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 14. Aufl. 2014, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung. Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen sind wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 18.12.2014, Az.: L 15 SF 322/14 E - m.w.N.). Gleiches gilt grundsätzlich auch für die dort getroffenen Verfügungen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.10.2014, Az.: L 15 SF 61/14 E, und vom 05.12.2014, Az.: L 15 SF 202/14 E).
Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.
2. Zu den Einwänden des Erinnerungsführers
Der sinngemäße Einwand des Erinnerungsführers, bei dem der Gerichtskostenfeststellung zu Gr...