Entscheidungsstichwort (Thema)

Fremdrentenrecht. Rentenkürzung nach § 31 Abs 1 FRG. gesonderte anfechtbare Verfügung. einstweilige Anordnung. Anordnungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Umsetzung der Ruhensvorschrift des § 31 Abs 1 FRG in einem erstmals eine Rente bewilligenden Bescheid ist keine gesondert anfechtbare Verfügung.

2. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann, wenn ein erstmals eine Rente bewilligender Bescheid angegriffen wird, eine höhere Rente unter Außerachtlassung der Ruhensvorschrift des § 31 Abs 1 FRG nur über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden.

3. Rentennachzahlungen für die Vergangenheit sind grundsätzlich nicht geeignet, einen Anordnungsgrund im Sinn einer dringenden gegenwärtigen Notlage zu begründen.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 8. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten wegen der Höhe einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) hat von der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen zuerkannt erhalten (vgl. "Mitteilung über die vorläufige Leistung" vom 27.08.2008). Diese hat jedoch unter Heranziehung von § 31 Abs. 1 des Fremdrentengesetzes (FRG) eine Rentenkürzung um eine fiktive nach rumänischem Recht zustehende Rente vorgenommen. Der Bf. ist damit nicht einverstanden. Er vertritt die Ansicht, die Ruhensvorschrift des § 31 Abs. 1 FRG greife nur dann, wenn tatsächlich eine Rente nach rumänischem Recht gewährt werde. Das sei bei ihm aber nicht der Fall.

Mit diesem Begehren hat sich der Bf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an das Sozialgericht München gewandt. Dieses hat die Initiative des Bf. als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gewertet und diesen mit Beschluss vom 08.01.2009 abgelehnt. Obwohl das Sozialgericht dem Bf. in der Sache Zustimmung signalisiert hat, hat es eine besondere Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens verneint.

Mit der am 05.02.2009 eingelegten Beschwerde hat der Bf. geltend gemacht, der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz sei nicht der Erlass einer einstweiligen Anordnung, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Denn es lägen zwei voneinander zu trennende Entscheidungen vor. Zunächst habe die Bg. die Rente - unabhängig von § 31 Abs. 1 FRG - zutreffend festgestellt. Durch eine eigenständige Regelung habe sie dann eine Ruhensverfügung getroffen und so die vorher zuerkannte Rechtsposition zum Teil wieder entwertet. Es liege auch ein Anordnungsgrund vor: Die niedrigere Rente führe zu einem Leben am Rand der Armutsgrenze.

Mit Urteil vom 19.03.2009 hat das Sozialgericht dem Bf. im Hauptsacheverfahren Recht gegeben und die Bg. verurteilt, eine Rente ohne den fiktiven Abzug zu zahlen. Dagegen hat die Bg. mit Schriftsatz vom 03.06.2009 Berufung eingelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

1. Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Senats. Zu diesem Zeitpunkt besteht zum Teil - nämlich soweit es um Leistungen nach Erlass des sozialgerichtlichen Urteils geht - kein Rechtsschutzinteresse des Bf. mehr. Denn das Sozialgericht hat mit Urteil vom 19.03.2009 der Klage stattgegeben. Dass die Bg. mittlerweile Berufung eingelegt hat, ist nur teilweise von Belang. Wie sich aus § 154 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt, hat die Berufung nur insoweit aufschiebende Wirkung, als es um die begehrten Rentenmehrleistungen vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils geht. Die Leistungen danach unterliegen der aufschiebenden Wirkung dagegen nicht, was zur Folge hat, dass die Bg. sie auch ohne den hier streitgegenständlichen Antrag laufend erbringen muss.

2. Soweit die Nachzahlung von Leistungen für die Zeit vor Erlass des sozialgerichtlichen Urteils streitig ist, hat der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keinen Erfolg, weil die vorläufige Zahlung von Leistungen für die Vergangenheit begehrt wird. Diese sind von vornherein nicht geeignet, einer gegenwärtigen dringenden Notlage abzuhelfen. Das wäre aber Voraussetzung, damit dem Begehren des Bf. insoweit entsprochen werden könnte.

Der sinngemäß zum Ausdruck gebrachten Ansicht des Bf., auf das Vorliegen einer gegenwärtigen dringenden Notlage dürfe es nicht ankommen, weil nicht der Erlass einer einstweiligen Anordnung, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Raum stehe, folgt der Senat nicht.

Der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz ist, wie das Sozialgericht richtig festgestellt hat, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Denn in der Hauptsache liegt keine isolierte Anfechtungsklage, sondern eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage vor. Der Bf. argumentiert zu Unrecht, ihm sei zunächst die Altersrente ungekürzt zugesprochen wo...

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